Bunte Ostereier suchen, das kennt ganz Deutschland. Auf der Nordseeinsel Föhr aber werden die Eier nicht gesucht, sondern geworfen. Die Geschwister Jane, Ricklef und Jörret aus dem Inseldorf Süderende wissen genau, worauf es beim Eierwerfen ankommt. "Man muss aufpassen, dass es nicht kaputtgeht", sagt der elfjährige Jörret. Seine Schwester Jane ergänzt: "Wenn man versucht zu fangen, das kann auch mal weh tun, deshalb muss man mitgehen nach unten, wenn man das Ei fängt." Ricklef ist mit 7 Jahren der jüngste der drei. "Ich werfe immer zu hoch und zu schräg", beklagt er sich.
Spaß macht der Brauch trotzdem allen hier. Rund 8.400 Menschen leben ganzjährig auf Föhr, verteilt auf zwölf Dörfer, und überall werden an Ostern Eier geworfen. Dabei rufen die Kinder "Eike poleike kom hial weler deel", was auf Föhrer Friesisch so viel heißt wie "Liebes kleines Ei, komm heile wieder runter".
Wo der Brauch herkommt, das weiß man nicht genau. Das ist halt immer so gemacht worden, bei unseren Großeltern schon", sagt Ralph Brodersen. Er ist auf Föhr geboren und arbeitet für das Tourismusbüro. "Man hat diese Traditionen hier immer gelebt. Es ist stets weitergegeben worden und dadurch nie aus der Mode gekommen."
Besonders wagemutige Kinder werfen sogar über die Dächer der Häuser. Die Wurfgeschosse werden danach gegessen, zum Beispiel als Eiersalat oder als Frühlingsbrot, mit Salat, Schinken und Mayonnaise. "Wir werfen zusammen mit den Nachbarn, bei Oma und Opa und mit unseren Cousins und Cousinen", sagt die 14-jährige Jane. Die Jugendliche ist fast schon zu alt für die Tradition, denn meistens werfen nur die Kleineren. Aber mit ihren jüngeren Brüdern zusammen packt es sie dann doch immer wieder. "Wir werfen, bis wir keine heilen Eier mehr haben."
Auch im Westerwald fliegen die Eier
Ostereierwerfen - diesen Brauch gibt es nicht nur im hohen Norden: fast 700 Kilometer weiter südlich, im rheinland-pfälzischen Westerwald, fliegen ebenfalls die Eier. In der Gemeinde Horhausen trifft man sich gemeinsam am Feuerwehrhaus. Das Ziel: die hartgekochten Eier möglichst weit zu werfen, ohne dass sie dabei kaputtgehen. "Es kommen sogar Feriengäste, die in den umliegenden Hotels ihren Osterurlaub verbringen", sagt Rolf Schmidt-Markoski. Er organisiert das Ostereierweitwerfen. "Für viele Gäste ist es Tradition am Ostersonntag, am Nachmittag, hier zum Feuerwehrhaus zu kommen."
Seit 37 Jahren gibt es die Veranstaltung. Jeder und jede in Horhausen darf nur einmal werfen. Gültig ist der Wurf auch nur, wenn das Ei nach der Landung nicht zerplatzt ist. Alles eine Frage der richtigen Technik, meint die junge Teilnehmerin Miriam. "Es kommt darauf an, wie die Strategie ist. Manche machen es mit Anlauf, manche nicht. Ich werfe einfach immer drauflos und hoffe das Beste." Der Rekord beim Horhausener Osterereier-Weitwurf liegt bei rund 75 Metern - ohne Knacks in der Schale. An der Nordsee kommt es dagegen auf die Höhe an. Die richtig Geschickten bauen sich mit einem Stück Leder oder einem alten Fahrradmantel Eierschleudern, erzählt Ralph Brodersen. Dann erreichen die Eier ungeahnte Höhen. "Ab und zu hast du die Eier dann nicht mehr gefunden", weiß der Föhrer aus seiner Jugend zu berichten. Aber das sei nicht so schlimm, die Krähen sollen ja auch was zu essen haben.