Magdeburg (epd). Der sachsen-anhaltische Antisemitismusbeauftragte Wolfgang Schneiß wirbt für eine Weiterentwicklung des Gedenk-Ensembles mit der Schmähplastik an der Stadtkirche in Wittenberg. Das Urteil des Oberlandesgerichtes Naumburg zum Verbleib des Reliefs an der Kirche sei für ihn nachvollziehbar, sagte der Ansprechpartner für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt und gegen Antisemitismus am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Magdeburg. Am Ende gehe es aber um Fragen, über die nicht Gerichte befinden sollten. Das OLG hatte am Dienstag entschieden, dass die als "Judensau" bekannte Schmähplastik nicht entfernt werden müsse.
Mit allen Beteiligten solle ein Weg gesucht werden, "der für die heutige Zeit aussagekräftig und verständlich ist" und über die Gestaltung des Gedenk-Ensembles von 1988 hinausführe, sagte Schneiß. "Die Schmähplastik ist eine Schande, aber auch ein schmerzlicher Ausdruck der Tatsache christlicher Antijudaismus über Jahrhunderte hinweg", betonte er. 700 Jahre Schmähung könne man nicht einfach "wegnehmen".
Auch die Tafel von 1988 habe ihren zeitgeschichtlichen Wert und sei ein Ergebnis mutigen Bürgerengagements zur damaligen Zeit. Der Landesbeauftragte plädierte für eine "behutsame Weiterentwicklung", "die alle Beteiligten mitnimmt". Vorstellbar wäre beispielsweise eine künstlerische Intervention. Das geplante bundesweite Erinnerungsjahr 2021 "321: 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" könnte dafür einen geeigneten Rahmen bieten, sagte er.
Mit dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, der Kirchengemeinde und der jüdischen Gemeinschaft sei er dazu im Gespräch, fügte Schneiß hinzu. Klein hatte auch nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Naumburg seine Forderung erneuert, die Schmähplastik zu entfernen und in ein Museum zu bringen. Das Gericht hatte am Dienstag die Berufungsklage des Mitgliedes einer jüdischer Gemeinde zurückgewiesen. Der Kläger forderte die Abnahme der Plastik. Das OLG entschied aber, dass das Relief im aktuellen Kontext mit dem Gedenk-Ensemble keinen beleidigenden Charakter mehr habe und darum nicht entfernt werden müsse.