Hannover (epd). Viele Kinder und Jugendliche greifen nach Beobachtungen der Pädagogin Anna Zacharias bei Frust über ihr Zeugnis lieber auf telefonische Hilfe zurück als auf Online-Angebote. "Wenn es um eine anonyme und niedrigschwellige Beratung geht, ist das Telefon noch immer sehr aktuell", sagte die Sprecherin des bundesweiten Projekts "Nummer gegen Kummer" dem NDR (Donnerstag). Am Kinder- und Jugendtelefon "116 111" meldeten sich viele, die sofort mit jemandem sprechen wollten. Online-Berater antworteten hingegen häufig erst zeitversetzt. "Vielen Anrufern fällt zudem das Sprechen leichter als das Schreiben." In vielen Bundesländern erhalten die Schülerinnen und Schüler an diesem Freitag ihre Halbjahreszeugnisse.
Gerade in den Tagen um die Zeugnisvergabe hätten viele Kinder und Jugendliche Fragen, wie sie mit ihren Eltern über ihre Noten ins Gespräch kommen könnten und was sie tun könnten, um ihre Noten im nächsten Halbjahr zu verbessern, sagte Zacharias. Dabei spiele auch Enttäuschung eine Rolle: "Viele Kinder tun sich heute schwer damit, dass sie ihre Eltern enttäuschen könnten. Dazu kommt, dass Schüler ja keine schlechten Noten schreiben, um ihre Eltern zu ärgern." Sie seien selbst enttäuscht von ihrer Leistung und machten sich Sorgen.
Sowohl das Schulsystem als auch die Gesellschaft seien leistungsorientierter geworden, sagte die Diplom-Pädagogin weiter. Gute oder schlechte Noten spielten heute bei der Zukunftsgestaltung eine große Rolle. "Insofern ist der Druck in den vergangenen Jahren sicher nicht kleiner geworden." Das spiegele sich auch darin, dass sorgenvolle Anrufe zu Zensuren die Helfer mittlerweile im gesamten Jahr erreichten.