Unter dem Karnevalsmotto "Unser Rad schlägt um die Welt" wollen Christen der beiden großen Konfessionen zusammen mit Juden und Muslimen ein Zeichen gegen Antisemitismus, Extremismus und Diskriminierung setzen, wie die Organisatoren mitteilten. Im vergangenen Jahr war erstmals ein von Jacques Tilly erbauter "Toleranzwagen" der Religionsgemeinschaften beim Rosenmontagszug mitgefahren.
Der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Düsseldorf, Heinrich Fucks, sagte, in Zeiten von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit wolle man deutlich machen, "dass wir bei aller Unterschiedlichkeit friedlich und miteinander feiern können". Der "Toleranzwagen" zeigt in diesem Jahr einen Imam, einen Rabbiner, eine evangelische Pfarrerin und einen katholischen Bischof mit Clownsnase.
Das Paradies - schon auf Erden
Eine Besonderheit diesmal: Auf dem Wagen sind Mitglieder des überwiegend aus homosexuellen Muslimen bestehenden Kulturvereins "Orient-Okzident-Express - Engagierte Muslime im Rheinland" vertreten. Der Vorsitzende Ataman Yildirim hofft, dass "Muslime auch zu Playern im Karneval werden und diese gelebte Vielfalt mitgestalten". Er selbst habe beim Karneval erfahren, "dass das Paradies ja schon hier auf der Erde ist und man nicht erst sterben muss, um das zu entdecken", sagt der Sozialarbeiter.
Auf dem "Toleranzwagen" ist deshalb laut Yildirim auch Hodscha Nasreddin als Held humoristischer Geschichten zu sehen. Nasreddin sitzt falsch herum auf einem Esel und will damit zeigen, dass man - egal wie - seinen Weg gehen kann. Nasreddin gilt als Pendant zu Till Eulenspiegel. "Einer muss den Narren spielen", meint Yildirim, dessen Verein "für alle offen da ist, die ein offenes Herz haben".
Fortsetzung noch offen
Der "Toleranzwagen" mit einer Besatzung von insgesamt 32 Närrinnen und Narren der vier Religionsgemeinschaften zeigt auch vier Symbole der Religionen und jeweils ein Gotteshaus der vier Religionsgemeinschaften in Düsseldorf. Über allem schwebt das närrische Sessionsmotto in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt: "Unser Rad schlägt um die Welt". Es huldigt der Brauchtumsfigur des Düsseldorfer Radschlägers.
Den Radschläger gab es nach den Worten des kommissarischen Stadtdechanten Frank Heidkamp vom katholischen Gemeindeverband Düsseldorf bereits im Jahr 1288. Damals feierte man in Düsseldorf den Sieg von Graf Adolf über das Heer des Kölner Erzbischofs. "Die Kinder schlugen das Rad vor Freude und Begeisterung über den Frieden", erzählt Heidkamp. Heute solle das Karnevalsmotto deutlich machen, "dass wir uns alle freuen, wenn es auf der ganzen Welt mehr Frieden, Toleranz und Freude gibt". Er sehe den Toleranzwagen auch "als gutes Zeichen dafür, dass wir uns hier in der Stadt auf den Weg dafür machen", sagt der katholische Geistliche.
In Zeiten mit zunehmendem Antisemitismus und Islam- und Christenfeindlichkeit wollen die vier Religionsgemeinschaften auch hierzulande "ein Zeichen setzen, dass wir zusammen Karneval feiern und gemeinsam Spaß haben können", erklärt Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Er wünsche sich, dass die Idee des "Toleranzwagens" auch in anderen Karnevalsstädten Nachahmer findet.
2021 zieht der "Toleranzwagen" jedoch nicht mehr in Düsseldorf mit, wie Koordinator Walter Schuhen von der Jüdischen Gemeinde sagt: "Dann ist das Projekt offiziell beendet, was im nächsten Jahr passiert, ist noch unklar." Superintendent Fucks will das Thema im Rat der Religionen in der Stadt ansprechen. Vielleicht könne man ja auch die Buddhisten, Hinduisten oder orthodoxen Christen zur Teilnahme an einem neuen Projekt gewinnen.