Bonn (epd). Eine Mehrheit der Deutschen will nach wie vor die Erinnerung an den Nationalsozialismus wachhalten. Der Anteil derjenigen, die einen "Schlussstrich" unter die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit ziehen wollen, ist aber in den vergangenen Jahren gestiegen, wie eine am Freitag in Bonn veröffentlichte Umfrage im Auftrag der Deutschen Welle zum Holocaustgedenktag am 27. Januar zeigt. Danach stimmten 37 Prozent der Befragten der Aussage zu, die Deutschen sollten sich nicht mehr so viel mit der NS-Zeit beschäftigen, "sondern endlich einen Schlussstrich ziehen". 2018 lag ihr Anteil erst bei 26 Prozent, im vergangenen Jahr bei 33 Prozent.
Dabei gibt es den Angaben zufolge große Unterschiede im Umgang mit diesem Thema je nach Bildungsgrad. Während mit 21 Prozent nur jeder Fünfte mit Abitur oder Fachhochschulreife für einen Schlussstrich unter die Zeit des Nationalsozialismus ist, fordern dies mit 56 Prozent mehr als die Hälfte derjenigen mit Haupt- oder Volksschulabschluss.
Sehr unterschiedlich ist auch die Haltung bei den Anhängern der im Bundestag vertretenen Parteien: Die meisten Befürworter eines Schlussstrichs unter die Beschäftigung mit der NS-Zeit gibt es mit 72 Prozent bei den AfD-Anhängern, die wenigsten mit 13 Prozent bei den Anhängern der Grünen.
Insgesamt empfindet mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) die derzeitige Erinnerungskultur an die NS-Verbrechen als angemessen. Ein Viertel (25 Prozent) findet, es werde zu viel erinnert, ein Sechstel (17 Prozent) meint, es gebe zuwenig Erinnerung an die Nazizeit. Auf die Frage, wie die Erinnerung wachgehalten werden soll, sprachen sich drei Viertel dafür aus, dass der Besuch einer KZ-Gedenkstätte Bestandteil des Schulunterrichts sein sollte.
Für die repräsentative Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap 1.018 Menschen in Telefoninterviews.