Die Unkenrufe sind unüberhörbar: Selbst Teilnehmer des sogenannten Synodalen Wegs, der die katholische Kirche in Deutschland aus der Krise führen soll, sind von seiner Wirksamkeit nicht überzeugt. Die Erfurter Theologin Julia Knop kritisierte die Zusammensetzung des Gremiums, in dem der Klerus überwiegt. Sie nimmt am Synodalen Weg teil.
Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sprach von einem "kirchenrechtlichen Nullum". Der Jesuitenpater Klaus Mertes, der vor zehn Jahren die Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich machte, dämpfte die Erwartungen, weil der Vatikan das letzte Wort behalten werde und hofft auf ein drittes Vatikanisches Konzil in ein paar Jahren. Trotzdem hoffen Deutsche Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mit dem Synodalen Weg aus der Krise zu finden. Die Krise ist eine Vertrauenskrise - mit ausgelöst durch den Umgang der katholischen Bischöfe mit dem Missbrauchsskandal.
Foren leisten Vorarbeit
Die erste Synodalversammlung des Synodalen Wegs findet in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Jahrestag der Aufdeckung der Missbrauchsfälle 2010 statt. Der Missbrauchsskandal taucht in den Statuten schon in der Präambel auf. Der Druck, endlich Transparenz herzustellen und die Strukturen aufzubrechen, die all das ermöglicht haben, ist riesig.
230 Teilnehmer, darunter 69 Bischöfe aller 27 Diözesen und 69 gewählte Vertreter der wichtigsten katholischen Laienorganisation in Deutschland, dem ZdK, treffen sich vom 30. Januar bis zum 1. Februar in Frankfurt. Auf der ersten Synodalversammlung soll zunächst sondiert werden, welche Themen zu besprechen sind in den kommenden zwei Jahren. Die Vorarbeit haben die Delegierten in den sogenannten Synodalforen geleistet. Vier übergeordnete Themenbereiche sind identifiziert: Klerikaler Machtmissbrauch, die katholische Sexualmoral, priesterliche Lebensformen und Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche. Die vier Synodalforen, die je von einem Laien oder einer Laiin und einem Bischof geleitet werden, bringen Beschlussvorlagen in die Synodalversammlung ein - sie stimmt darüber ab.
Kleriker in der Überzahl
Die Findung der Mehrheiten wird ein kommunikativer Prozess, der viel Fingerspitzengefühl und Umsicht erfordern wird. Denn die Mehrheitsverhältnisse sind schwierig: Beschlüsse können nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst werden, die am Ende eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe enthalten muss. So reichen die Stimmen von 24 Bischöfen aus, um das Votum von mehr als 200 Delegierten "zu torpedieren", kritisierte die Theologin Julia Knop. Klerikale Vertreter sind zudem in der Überzahl in der Synodalversammlung.
Missbrauchsopfer sind strukturell nicht beteiligt. Sollten Reformbeschlüsse gefasst werden, müssen sie dem Vatikan vorgelegt werden, wenn sie weltkirchliche Themen betreffen. Darunter fallen ungefähr alle strittigen Themen wie der Pflichtzölibat, das Diakonat der Frau oder die Frage einer gemeinsamen Abendmahlspraxis mit den Protestanten. Es ist offen, ob sich liberale Bischöfe wie der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode oder der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer gegen erklärte Skeptiker wie den Regensburger Bischof Rudolf und den Kölner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, durchsetzen.
Evangelische Kirche als Beobachterin
Die Protestanten beobachten den Reformprozess mit Interesse. Vor dem Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt, der ein halbes Jahr vor Ende des Synodalen Wegs stattfindet, erhofft man sich Fortschritte etwa bei einer gemeinsamen Abendmahlpraxis. Das Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist offiziell eingeladen, die Synodalversammlungen zu beobachten. Mit "Reformation" kennen sich die Protestanten bestens aus: Der evangelische Ökumene-Bischof Karl-Hinrich Manzke sprach zuletzt Anfang Januar von einem "mutigen Schritt" der Katholiken.
Erwartungen und erwartbare Realität scheinen den Prozess schon jetzt zu behindern. Aber da ist ein "Trotzdem", auf das sich Laien und Bischöfe geeinigt haben. Trotz aller Widerstände aus dem Vatikan, trotz aller Kritik von Kirchenfunktionären und trotz aller Zweifel am Ergebnis - Laien und Bischöfe haben es sich zur Herzensaufgabe macht, die Kirche, an die sie glauben, von innen zu verändern.