Berlin (epd). Sonderbriefmarke, Reiseführer, das weltweit größte Laubhüttenfest - und ein gesellschaftliches Zeichen gegen Antisemitismus: Ein Kölner Verein hat für das nächste Jahr (2021) ein bundesweites Festjahr für jüdisches Leben in Deutschland ausgerufen. Anlass ist die erste schriftliche Erwähnung der jüdischen Gemeinde in Köln im Jahr 321. Mit 1.700 Jahren ist sie die mutmaßlich älteste nördlich der Alpen. Bundesweit soll zu ihrem Jahrestag jüdisches Leben sichtbar gemacht, in seiner Normalität gezeigt und dessen Beitrag für die deutsche Gesellschaft gewürdigt werden.
"Wir wollen einen Aufstand gegen Antisemitismus organisieren. Wir wollen aber auch zusammen feiern", sagte der Kuratoriumsvorsitzende des Vereins "321 - 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" und frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) am Dienstag in Berlin. Nur wenige wüssten, was jüdisches Leben in Deutschland bedeute.
Abraham Lehrer, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Köln und stellvertretender Präsident des Zentralrats der Juden, betonte, das Festjahr solle deutlich machen, welchen kulturellen Beitrag jüdische Menschen für das Land geleistet haben. Er könne und wolle den Holocaust nicht vergessen. Es sei aber wichtig, dass Juden nicht nur darüber definiert werden. Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, unterstrich, man solle Juden nicht nur als bedrohte Minderheit sehen, sondern als Teil der Gesellschaft.
Geplant sind den Angaben zufolge bundesweit Veranstaltungen. Lehrer erwartet nach eigenen Worten, dass sich die überwiegende Mehrheit der jüdischen Gemeinden im Land an Veranstaltungen beteiligt und in Synagogen einlädt. Klein zufolge soll es für das Festjahr auch eine Sonderbriefmarke geben. Zudem soll ein Reiseführer erscheinen, der auf aktuelle und frühere Orte jüdischen Lebens in Deutschland hinweist.
Lehrer zufolge bemüht sich der Verein gemeinsam mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki auch darum, die historische Urkunde nach Köln zu holen. Das Edikt von Kaiser Konstantin, das eine Zulassung von Juden zum Stadtrat verbriefte, lagert Lehrer zufolge in den vatikanischen Archiven.
Am Festjahr beteiligen sich den Angaben zufolge unter anderen der Zentralrat der Juden, der Deutsche Städtetag, die israelische Botschaft, Gewerkschaften und Parteien. Vonseiten der Kirchen haben die Laienorganisationen Deutscher Evangelischer Kirchentag und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ihre Beteiligung zugesagt.
Der Bund stellt in diesem Jahr dem Verein zufolge sechs Millionen Euro zur Verfügung. Für das Festjahr selbst soll es weitere Mittel geben.