Genf (epd). Kinder in Syrien erleiden laut den Vereinten Nationen unvorstellbare Gewalt. Seit Beginn des Krieges seien Mädchen und Jungen in großer Zahl verletzt und getötet worden, hieß es in einer UN-Untersuchung, die am Donnerstag in Genf vorgestellt wurde. Es sei entsetzlich, was den Kindern angetan worden sei, betonte der Vorsitzende der Untersuchungskommission, der brasilianische Politikwissenschaftler Paulo Sérgio Pinheiro. Sie seien "ihrer Kindheit beraubt worden". Alle Parteien des Konflikts hätten sich schuldig gemacht. Der Kommissionsvorsitzende verlangte eine strafrechtliche Ahndung der Verbrechen.
Der Bericht über Kinder in Syrien deckt den Zeitraum von September 2011 bis Oktober 2019 ab und basiert auf 5.000 Interviews unter anderen mit Opfern, Zeugen, Verwandten, Medizinern und Kämpfern. Viele Mädchen und Jungen seien bei militärischen Angriffen auf Wohngebiete und andere zivile Ziele verletzt oder getötet worden. Die genaue Zahl der Opfer der Attacken und anderer Verbrechen lasse sich allerdings nicht ermitteln, erklärte Pinheiro. "Niemand hat diese Zahl.
Den Experten zufolge sind die Kinder auch Opfer massiver sexueller Gewalt. Einheiten des Regimes von Machthaber Baschar al-Assad haben demnach Mädchen und Jungen missbraucht, um deren Familien einzuschüchtern, zu erniedrigen und zu bestrafen. Zudem hätten die Schergen des Regimes Jungen, die nicht älter als zwölf Jahre alt gewesen seien, eingesperrt und misshandelt.
Auch Kämpfer des "Islamischen Staates" und anderer Terrorgruppen hätten Kinder vergewaltigt, hieß es. Mädchen seien als Sexsklavinnen gehalten worden. Kinder seien als Geiseln verschleppt und als Kämpfer rekrutiert worden. Jungen seien gezwungen worden, andere Menschen hinzurichten.
Zudem haben die Konfliktparteien laut dem Bericht Tausende Schulen zerstört oder für militärische Zwecke genutzt. Rund 2,1 Millionen syrische Kinder könnten nicht mehr an einem regulären Schulunterricht teilnehmen. Mehr als fünf Millionen Kinder seien auf der Flucht, innerhalb oder außerhalb Syriens.
Der Syrien-Krieg begann 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad. Rebellen und Terrorgruppen eroberten weite Teile des Landes. Mit Hilfe Russlands und des Irans gewann Assad die meisten Gebiete zurück. In die Kämpfe griffen auch die USA, die Türkei und weitere Länder ein. Derzeit toben Kämpfe zwischen Assad und Terroreinheiten im Nordwesten des Landes.
Der UN-Menschenrechtsrat setzte 2011 die Untersuchungskommission zu Syrien ein, um Kriegsverbrechen und andere Verstöße gegen internationales Recht zu dokumentieren. Das Assad-Regime verweigert die Kooperation mit den Ermittlern.