Das christliche Hilfswerk Open Doors ist über die zunehmende Bedrohung von Christen in afrikanischen Ländern südlich der Sahara besorgt. So stehen in diesem Jahr erstmals die westafrikanischen Länder Burkina Faso und Kamerun auf dem "Weltverfolgungsindex", den die Organisation am Mittwoch in Kelkheim im Taunus veröffentlichte. Beide Länder seien bisher eher durch ihre religiöse Toleranz bekannt gewesen, teilte Open Doors mit. Christen in Burkina Faso würden massiv angegriffen. Sie befänden sich nach eigenen Aussagen in einem "Überlebenskampf". In Deutschland riefen Politiker nach Veröffentlichung des Index zur Verteidigung der Religionsfreiheit auf.
Im Norden Burkina Fasos hätten bereits mehr als 200 Kirchen geschlossen werden müssen, hieß es. Tausende Christen befinden sich den Angaben zufolge nun in Lagern für Vertriebene oder suchen Zuflucht in anderen Landesteilen. Gruppen, die mit Al-Kaida im Maghreb verbunden seien, hielten ausländische Missionare als Geiseln - einige seit mehreren Jahren. Im Norden Kameruns herrsche Gewalt, dort habe Boko Haram eine Hochburg.
In Libyen habe sich nach dem Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 und dem daraus resultierenden Machtvakuum islamistischer Extremismus in der Sahel-Region bis nach Subsahara-Afrika ausgebreitet. In politisch labilen Staaten ohne funktionierende Rechtsstaatlichkeit erhalte die betroffene christliche Bevölkerung keinen Schutz durch ihre Regierungen.
Die Religionsfreiheit nehme weltweit ab, sagte der Leiter von Open Doors Deutschland, Markus Rode. Er kritisierte auch die Situation christlicher Konvertiten in Deutschland, denen immer seltener Asyl gewährt werde und denen die Abschiebung in Länder wie den Iran und Afghanistan drohe. Die Bundesregierung müsse Abschiebungen von Konvertiten sofort stoppen und sich wesentlich entschlossener für verfolgte Christen einsetzen, sagte Rode.
In den 50 Ländern des "Weltverfolgungsindex" leben rund fünf Milliarden Menschen, darunter nach Angaben der World Christian Database und Schätzungen von Open Doors etwa 640 Millionen Christen. Etwa 260 Millionen von ihnen seien Verfolgung ausgesetzt, heißt es in dem Index. Im Berichtzeitraum vom 1. November 2018 bis 31. Oktober 2019 wurden laut Open Doors fast 9.500 Kirchen und kirchliche Einrichtungen attackiert, zerstört oder geschlossen. Im Vorjahr waren es 1.850.
Die ersten 25 Plätze haben sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert. Angeführt wird die Liste von Nordkorea, Afghanistan, Somalia, Libyen und Pakistan. Burkina Faso belegt den 28. Rang, Kamerun den 48.
Volker Kauder, in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zuständig für Religionsfreiheit, erklärte, der neue "Weltverfolgungsindex" gebe "erneut Anlass zu großer Sorge". Insbesondere die Situation in einigen afrikanischen Staaten sei gravierend. Darüber hinaus seien auch die Entwicklungen in Asien alarmierend: "Im Hinblick auf China wird eine kontinuierliche Ausweitung digitaler Überwachungsmaßnahmen gegen Christen und andere Religionsgemeinschaften berichtet, über Indien eine Zunahme an Feindseligkeiten und hassmotivierter Übergriffe gegen Christen durch hindu-nationalistische Extremisten."
Markus Grübel (CDU), Beauftragter der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, würdigte die Arbeit von Open Doors für verfolgte Christen als "sehr wichtig". Open Doors werfe "Licht auf die Situation der Christen in der Welt und gibt ihnen eine Stimme." Leider habe sich die weltweite Lage der Religionsfreiheit verschlechtert, fügte Grübel hinzu: "Verletzungen und Einschränkungen der Religionsfreiheit gibt es in vielen Staaten, von Nordkorea bis Mauretanien." In einigen Ländern in Subsahara-Afrika sei man mit einer sehr komplexen Gemengelage konfrontiert. "Hier verknüpfen sich sozioökonomische Faktoren, wie Armut, Ressourcenknappheit und Perspektivlosigkeit, mit religiösen Konflikten."
Der "Weltverfolgungsindex" basiert auf der Erhebung von dokumentierten Übergriffen auf Christen und Gemeinden in den einzelnen Ländern. Zusätzlich werden Fragebögen von ortsansässigen Forschern und externen Länderexperten ausgefüllt. Der jährlich veröffentlichte Index soll betroffenen Christen und Konvertiten zum christlichen Glauben eine Stimme geben. Open Doors ist nach eigenen Angaben in mehr als 60 Ländern aktiv. Der deutsche Zweig ist als Verein organisiert und wird vor allem von Freikirchen unterstützt.