Frankfurt a.M. (epd). Die Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter hat die Haltung der Kirchen zur Repression und Verfolgung ihrer Glaubensgeschwister in islamischen Ländern kritisiert. "Das Schweigen zur Verfolgung der Christen im Orient ist wirklich dramatisch", sagte sie in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Das verstehe ich nicht. Warum schweigt man da?" Die Kirchen in Deutschland erhöben immer ihre Stimme, wenn Muslimen Unrecht geschehe, und das sei ja auch richtig, sagte die Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Uni Frankfurt. "Aber mittlerweile werden Christen mit Gewalt aus orientalischen Ländern vertrieben, und übrigens auch Juden - und dazu schweigt man."
In fast allen islamisch geprägten Ländern würden Christen massiv verfolgt, sagte die Ethnologieprofessorin. Ihre Zahl und die der Juden nehme dort kontinuierlich ab. "Der Bau von Kirchen wird erschwert oder verboten, die Organisation wird erschwert oder verboten, Einzelpersonen sind im Visier, es gibt Anschläge gegen Christen, da muss man sich nicht wundern, wenn sie das Land verlassen", sagte Schröter. Das gelte besonders auch für Juden: Im 20. Jahrhundert hätten 900.000 Juden Nordafrika und islamische Ländern des Nahen Ostens verlassen und seien nach Israel gegangen.
Dass die Kirchen nicht Öl ins Feuer gießen und es den diskriminierten Mitchristen noch schwerer machen wollten, könne sie teilweise nachvollziehen, sagte die Islamforscherin und Buchautorin. "Aber dann würde ich erwarten, dass man zumindest die, die geflohen sind, hier unterstützt. Da passiert zu wenig." Jetzt gebe es zumindest Ansätze, die Bedrohung von Konvertiten zu thematisieren. Aber es gehe ja auch um geflohene Christen in Aufnahmelagern. Da habe es immer wieder Berichte über massive Verfolgung gegeben.
Christenverfolgung gibt es sowohl in Afrika als auch in Asien und im Nahen Osten. Nach Angaben des Hilfswerks Open Doors, das der theologisch konservativen Evangelischen Allianz nahesteht, sind weltweit mehr als 200 Millionen Christen Repressionen ausgesetzt, vor allem in Nordkorea, Afghanistan, Somalia, Sudan, Pakistan, im Irak, Jemen und Iran.