AWO-Bundesverband verurteilt Kreisverbände aufs Schärfste

AWO-Bundesverband verurteilt Kreisverbände aufs Schärfste

Frankfurt a.M. (epd). Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat die Vorgänge um die AWO-Kreisverbände Frankfurt am Main und Wiesbaden aufs Schärfste verurteilt. "Es handelt sich um einen der schlimmsten Vorfälle der AWO", sagte der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Stadler am Dienstag in Frankfurt. Die Affäre sei "in dieser Fülle und Konzentration einmalig". Ein Team des Bundesverbands mit fünf Mitarbeitern hatte am Montag und Dienstag mit der Prüfung der Geschäftsführung des Kreisverbands Frankfurt begonnen. "Das Prüfungsteam war schwer erschüttert", sagte der ehrenamtliche Präsident des Bundesverbands, Wilhelm Schmidt.

"Wir haben bisher nicht alles geprüft", schränkte die Leiterin des Prüfungsteams, Selvi Naidu, ein. "Manche Unterlagen und Klarnamen fehlten." Alle Mitarbeiter und Vertreter seien nur in Anwesenheit von Rechtsanwälten zu sprechen gewesen, mit Ausnahme des Betriebsrats. Die Prüfung habe aber bereits Verstöße gegen die AWO-Governance-Regeln aufgedeckt. So sei die gebotene Trennung zwischen Leitung und Aufsicht nicht vollzogen und die Meldepflichten bei Honorar- und Geschäftsführungs-Verträgen nicht eingehalten worden.

"Wir halten die Zustände in Frankfurt und Wiesbaden für unerträglich, sie müssen beendet werden", sagte Stadler. "Die Aufsichtsgremien haben versagt. Die Gehälter sind vollkommen aus dem Ruder gelaufen." Auch hinsichtlich der personellen Verflechtungen zwischen der Leitung und Aufsicht der Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden habe der AWO-Bezirk Hessen-Süd in seiner Aufsichtspflicht versagt, ergänzte Schmidt. Dessen Verbandsgeschäftsführer, der Rechtsanwalt Ansgar Dittmar (SPD), ist gleichzeitig Vorsitzender des Kreisverbands Frankfurt und hat sich nach den Worten von Schmidt bisher Rücktrittsforderungen des Bundesverbands widersetzt.

Der AWO-Bundesverband fordere eine komplette Entflechtung der Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden und der Johanna-Kirchner-Stiftung, sagte Stadler. Außerdem fordere der Bundesverband seine finanziellen Zuwendungen vollständig zurück. Sämtliche Arbeitsverträge müssten auf ein "Governance-verträgliches Niveau" gesenkt werden. Der Geschäftsführer eines Kreisverbands in der Größe Frankfurts dürfe höchstens 100.000 bis 120.000 Euro im Jahr für eine Vollzeitstelle bekommen. In unbestätigten Medienberichten war von Gehältern für den vor wenigen Tagen zurückgetretenen Geschäftsführer in Frankfurt, Jürgen Richter, und seine Frau Hannelore Richter, die als Geschäftsführerin in Wiesbaden inzwischen ausgeschieden ist, in nahezu dreifacher Höhe die Rede.

Darüber hinaus forderte Stadler die Einstellung der Zahlung zusätzlicher Ehrenamtspauschalen für Hauptamtliche. Dienstwagen seien nur als Klein- oder Mittelklassewagen in Ordnung und müssten nach Kilometer abgerechnet werden. Eine monatliche Pauschale für Oberklasse-Dienstwagen in vierstelliger Höhe wie in Frankfurt sei sonst in der AWO unüblich. Der Bundesverband appelliere an die Delegierten der Kreiskonferenz Frankfurt am 18. Januar 2020, dem Vorstand keine Entlastung zu erteilen, bis die Prüfungen abgeschlossen seien. Die Bundes-AWO habe direkt keine Eingriffsmöglichkeit auf den Kreisverband. "Wir arbeiten mit allen zusammen, mit den Prüfern der Staatsanwaltschaft und des Finanzamts", sicherte Stadler zu.

Medien hatten aufgrund von zugespielten vertraulichen Informationen über überhöhte Gehälter und Luxusdienstwagen bei den AWO-Kreisverbänden Frankfurt und Wiesbaden berichtet. Aufsehen erregten Berichte über überhöhte Gehälter für die Ehefrau des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann (SPD), der vor seiner Wahl AWO-Angestellter war, und für SPD-Jungpolitiker. Medien berichteten zudem über personelle Verflechtungen zwischen den beiden AWO-Kreisverbänden und Beraterfirmen. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt bereits gegen die AWO Frankfurt wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von Mitteln der Stadt für den zeitweiligen Betrieb von Flüchtlingsunterkünften.