Proteste gegen Staatsbürgerschaftsreform in Indien

Proteste gegen Staatsbürgerschaftsreform in Indien

Dubai, Neu-Delhi (epd). Die Verabschiedung eines Staatsbürgerschaftsgesetzes zugunsten nicht-muslimischer Zuwanderer hat schwere Proteste im Nordosten Indiens ausgelöst. Demonstranten in der Stadt Guwahati im Bundesstaat Assam warfen mit Steinen und errichteten Straßensperren, wie die Zeitung "Indian Express" am Donnerstag berichtete. Auch in anderen Teilen der Region kam es zu Ausschreitungen. Am Mittwoch hatte das Parlament in Neu-Delhi ein neues Gesetz beschlossen, wonach nicht-muslimische Einwanderer aus Afghanistan, Pakistan und Bangladesch die indische Staatsbürgerschaft erwerben können.

Bewohner der an Bangladesch angrenzenden Bundesstaaten Assam und Tripura fürchten nun eine starke Zuwanderung. Indiens Nachbarländer Pakistan und Bangladesch sowie Afghanistan sind mehrheitlich muslimisch, haben aber kleine religiöse Minderheiten von Hindus, Jains, Christen, Sikhs, Buddhisten und Parsen. Das Gesetz sieht vor, dass diese Gruppen die indische Staatsbürgerschaft erhalten können, wenn sie sechs Jahre lang in Indien gearbeitet haben. Es reformiert das 64 Jahre alte Staatsbürgerschaftsgesetz, dass alle illegal eingereisten Migranten davon ausschloss, Bürger Indiens zu werden.

Indiens hindunationalistische Regierung begründete die Reform damit, dass so Menschen vor religiöser Verfolgung geschützt würden. Das Gesetz stößt jedoch im In- und Ausland auf heftige Kritik. Mehr als 700 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter Anwälte, Professoren und Schauspieler, verurteilten das Gesetz in einem gemeinsamen Statement: "Es ist das erste Mal, dass es einen gesetzlichen Versuch gibt, nicht nur Menschen bestimmter Glaubensrichtungen zu privilegieren, sondern gleichzeitig auch eine andere Religion, die muslimische, mit einem zweitklassigen Status abzuwerten." Die Partei "Indian Union Muslim League" legte Beschwerde gegen das Gesetz beim Obersten Gericht des Landes ein.

Regierungschef Narendra Modi forderte die Bürger von Assam über Twitter zu Ruhe und Besonnenheit auf. Die Sorge, dass Assam seine politischen, sprachlichen und kulturellen Rechte verlieren würde, sei unbegründet, schrieb Modi.

Die Mehrheit der Inder sind Hindus, die etwa 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die zweitgrößte Religionsgruppe sind die Muslime mit etwa 170 Millionen. Sie stellen um die 14 Prozent der Bevölkerung. Unter der hindunationalistische Bharatiya-Janata-Partei, die seit 2014 regiert, hat sich das einst religiös tolerante Indien gewandelt. Im August hatte die Regierung die vollständigen Integration des mehrheitlich muslimischen Kaschmirs in den indischen Staat beschlossen und den Sonderstatus der Himalaya-Region abgeschafft. Im Oktober veröffentlichte die Regierung ein neues Staatsbürgerregister für Assam und erklärte fast zwei Millionen Einwohner, die Mehrheit von ihnen Muslime, faktisch für staatenlos.