Berlin (epd). Für jüdische Bundeswehrsoldaten kann es voraussichtlich schon bald eigene Militärseelsorger geben. Das Bundeskabinett gab am Mittwoch in Berlin seine Zustimmung zu einem Staatsvertrag für die Verankerung jüdischer Militärseelsorge. Erstmals seit 100 Jahren würde es damit wieder Militärrabbiner in der deutschen Armee geben. Das sei ein starkes Zeichen für jüdisches Leben in Deutschland, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert nach dem Kabinettsbeschluss in Berlin. Parteiübergreifend wurde die Initiative begrüßt.
Seit Jahrzehnten gibt es evangelische und katholische Militärpfarrer in der Bundeswehr auf Grundlage entsprechender Verträge mit den Kirchen. Weil die Zahl christlicher Soldaten abnimmt und zugleich die Religionszugehörigkeiten pluraler werden, sollen die Pfarrer künftig nicht die einzigen Geistlichen in der Armee sein.
Den Staatsvertrag für die jüdische Militärseelsorge hatte noch die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf den Weg gebracht. Unterzeichnet werden soll er Ende kommender Woche von ihrer Amtsnachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und dem Zentralrat der Juden. Der Vertrag sieht zehn Militärrabbiner vor, die wie andere Militärseelsorger auch Soldaten im Inland und bei Auslandseinsätzen begleiten können.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte, die Rabbiner würden auch über den lebenskundlichen Unterricht zur Gewissensbildung der Soldaten beitragen. Diesen Unterricht für Soldaten gestalten auch die Kirchen mit. "Die Militärrabbiner werden die Bundeswehr bereichern", sagte Schuster.
Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben, Felix Klein, sagte, durch den Einsatz im Unterricht werde das Wissen über Leben und Traditionen von Juden insgesamt verbessert. Der Staatsvertrag zeige "das Vertrauen der jüdischen Gemeinden in die Institutionen der Bundesrepublik Deutschland und ihre Bereitschaft, die Zukunft unseres Landes aktiv mitzugestalten", sagte Klein.
Die Zahl jüdischer Soldaten schätzt das Verteidigungsministerium auf rund 300. Eine genaue Erfassung der Religionszugehörigkeit gibt es nicht. Dem Staatsvertrag müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. Der Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU), begrüßte den Kabinettsbeschluss als "Eckstein der Religionsfreiheit in Deutschland".
Geplant und seit langem von Islam-Verbänden gefordert wird auch eine muslimische Militärseelsorge. Die Verankerung ist allerdings schwieriger, weil der Staat bei der muslimischen Gemeinschaft keinen verbindenden Dachverband als Gegenüber hat, der die Muslime mehrheitlich vertritt. Religiöse Soldaten, die keine eigenen Seelsorger in der Bundeswehr haben, können sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums an eine Ansprechstelle wenden, die Seelsorger vermittelt.
Rund 3.000 Muslime sind in der Bundeswehr, schätzt das Ministerium. Grüne und Linke forderten auch für sie eigene Seelsorger. Der derzeit größten nichtchristlichen Gruppe müssten muslimische Seelsorge zur Verfügung stehen, erklärten die Grünen-Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz und Tobias Lindner. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz warf der Bundesregierung vor, das Thema zu verschleppen. Regierungssprecher Seibert sagte, die Gestaltung muslimischer Begleitung der Bundeswehr sei Gegenstand laufender Gespräche.