Expertin: Schichtarbeit muss nicht gesundheitsschädlich sein

Expertin: Schichtarbeit muss nicht gesundheitsschädlich sein
30.11.2019
epd
epd-Gespräch: Patricia Averesch

Wien (epd). Arbeiten im Schichtdienst macht nach Ansicht der Arbeitszeitexpertin Anna Arlinghaus nicht zwangsläufig krank. "Eine gute Schichtdienstplanung kann das Risiko verringern, aufgrund wechselnder Arbeitszeiten chronische Krankheiten zu entwickeln", sagte die Präsidentin der Arbeitszeitgesellschaft dem Evangelischen Pressedienst (epd). Damit Beschäftigte auch nach jahrelanger Arbeit im Schichtdienst möglichst fit bleiben, sei es wichtig, dass sie von Anfang an in verträglich organisierten Schichtsystemen arbeiteten.

Bei Schichtdienstplänen sollte der Expertin zufolge berücksichtigt werden, dass die Arbeitnehmer die Schichtfolge mit einem Frühdienst beginnen. Darauf solle der Spätdienst folgen und erst zuletzt in die Nachtschicht gewechselt werden. Wichtig sei zudem, dass Schichtarbeitende nicht länger als drei Tage nacheinander in der Nacht arbeiteten und danach eine Ruhephase von mindestens 48 Stunden einlegten, erklärte Arlinghaus, die bei einer Unternehmensberatung für Arbeitszeiten und Entgeltberatung in Wien arbeitet und jüngst im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung zu sozialverträglichen Arbeitszeiten geforscht hat.

Die Expertin räumte ein, dass sich der Schichtdienst nicht für jeden Beschäftigten in einem Unternehmen verträglich gestalten lasse. "Bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ist eigentlich kein ergonomischer Dienstplan mehr möglich", sagte Arlinghaus. Bei hohen Wochenarbeitszeiten bleibe nicht genügend Zeit zur Erholung, um die Belastung durch wechselnde Arbeitszeiten auszugleichen.

Generell hätten Schichtarbeitende ein erhöhtes Risiko, an Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen zu erkranken, erklärte Arlinghaus. Dies gelte insbesondere für Männer und Frauen, die jahrzehntelang im Schichtdienst mit regelmäßiger Nachtarbeit gearbeitet hätten.

Sie empfiehlt Schichtarbeitenden daher, sich Überstunden und besondere Belastungen nicht durch Geld, sondern durch Freizeit zur Erholung vom Arbeitgeber kompensieren zu lassen. "Für die eigene Gesundheit ist es viel besser, auf finanzielle Zulagen zu verzichten und eine kürzere Wochenarbeitszeit oder mehr Urlaubstage einzufordern", sagte die 36-Jährige. Zudem biete diese Option die Möglichkeit, trotz des Schichtdiensts mehr am Sozialleben teilzunehmen, das sonst vor allem durch den Spätdienst stark eingeschränkt sei. "Die Freizeitoptionen sind gerade für die jüngere Generation interessant, weil sie einen hohen Wert auf eine Work-Life-Balance legt", sagte Arlinghaus.