In der Autonomieregion Xinjiang im Nordwesten des Landes würden nach Einschätzung von Experten mehr als eine Million Menschen in Lagern festgehalten, weitgehend ohne gerichtliche Verurteilung. Betroffen seien vor allem Angehörige der muslimischen Minderheit der Uiguren.
Überwachung und Erfassung
Die unter dem Schlagwort "China Cables" veröffentlichten Dokumente belegten, dass die von der Regierung als Weiterbildungseinrichtungen bezeichneten Lager tatsächlich abgeschottete, engmaschig bewachte Umerziehungslager seien, hieß es. Die Insassen würden gegen ihren Willen gefangen gehalten. Das widerspreche den Aussagen der chinesischen Regierung, wonach der Aufenthalt in den Lagern freiwillig sei. Außerhalb der Lager werden dem Bericht zufolge Uiguren gezielt überwacht mit dem Ziel, sie in einer Datenbank zu erfassen.
Die Unterlagen stammen den Angaben zufolge aus den Jahren 2017 und 2018. Weltweit hätten mehr als 75 Journalistinnen und Journalisten von 17 Medienpartnern die Dokumente geprüft und ausgewertet.
Ein Punktesystem als Grundlage für Bestrafungen
Die geheimen Unterlagen beinhalteten unter anderem eine detaillierte Anweisung, unterschrieben von dem damals obersten Sicherheitschef der Autonomieregion Xinjiang. Darin werde dargelegt, wie die in den Lagern internierten Minderheiten selbst bei alltäglichen Dingen wie dem Toilettengang, beim Schlafen und beim Unterricht zu überwachen seien. Auch von Züchtigungsmaßnahmen sei die Rede. Außerdem sei offenbar ein Punktesystem eingeführt worden, um die Internierten zu bewerten und selbst kleine Vergehen zu bestrafen.
Heribert Hirte, CDU-Abgeordneter im Deutschen Bundestag und Vorsitzender des Staphanuskreises: "Sollten sich die Berichte als vollständig zutreffend erweisen, blicken wir auf das derzeit größte bestehende System an Menschenrechtsverletzungen unserer Zeit. Das kommunistische China scheint sich weiter ideologisch zu radikalisieren."
Die Bundesregierung fordert den "ungehinderten Zugang" der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, zu Chinas sogenannten Umerziehungslagern für Uiguren. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, das müsse insbesondere auch in den Einrichtungen gewährleistet werden, die im Mittelpunkt einer aktuellen journalistische Recherche stehen, in der von einem "der größten Gulagsysteme der Geschichte" die Rede ist.