Berlin (epd). Der künftige evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein hat das Gedenken an die Nazi-Pogrome gegen Juden am 9. November 1938 als wichtigen Teil der Erinnerungskultur bezeichnet. "Wir sehen in diesen Tagen, in denen der Antisemitismus öffentlich zur Schau gestellt wird und an Aggressivität zunimmt, wie elementar die Erinnerung ist", erklärte Stäblein am Donnerstagabend in Berlin laut vorab verbreitetem Redemanuskript.
Zugleich bedauerte er es, dass sich das Land Berlin nicht für den 9. November als weiteren gesetzlichen Feiertag entschieden hat. Stattdessen ist seit diesem Jahr der internationale Frauentag am 8. März zusätzlicher gesetzlicher Feiertag in der Bundeshauptstadt.
Stäblein, der am 16. November das Bischofsamt von Markus Dröge übernimmt, bezeichnete den 9. November als "Gedenktag schlechthin". Er dokumentiere und thematisiere, "wie sich Identität durch Erinnerung bildet" und als "einfacher Feier- und Freudentag eben nicht vorstellbar" sei.
Die kirchliche Gedenkpraxis der vergangenen 30 Jahre mit Blick auf den Mauerfall bezeichnete er weiter als diffus. In diesem Jahr, so Stäblein, finde "regelrecht ein kleiner Kulturkampf um die Deutungshoheit der Geschehnisse des November 1989 statt". In diesem Sinne setzten auch die Kirchen einen starken Akzent auf dieses Datum und führten "noch einmal in die Räume der friedlichen Revolution zurück". Stäblein sprach bei einer Veranstaltung in der Stiftung Topographie des Terrors zur Bedeutung des 9. November in der deutschen Erinnerungskultur.