Berlin (epd). Nach dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts haben Sozialverbände und der DGB gefordert, die bestehenden Sanktionsregelungen aufzuheben und ein "menschenwürdiges System der Förderung und Unterstützung einzuführen". Das höchste deutsche Gericht kippte am Dienstag in Karlsruhe teilweise die gesetzlichen Regelungen zu Hartz-IV-Sanktionen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit kürzen die Jobcenter jährlich acht Prozent der Langzeitarbeitslosen die Hartz-IV-Leistungen.
Das geltende Sanktionsrecht schadet nach Auffassung der Sozialverbände der sozialen und beruflichen Eingliederung. Die Folgen seien massive gesundheitliche und psychische Belastungen sowie Verschuldung und sogar drohende Wohnungslosigkeit, erklärten die Sozialexperten am Dienstag in Berlin. Der Kontakt zum Jobcenter werde teilweise abgebrochen, das Hilfesystem erreiche die Betroffenen nicht mehr.
Die Verbände kritisierten, dass durch die Sanktionen den Betroffenen das Lebensnotwendige gekürzt und damit soziale Teilhabe unmöglich gemacht werde. "Die Diakonie setzt sich für ein sicheres Existenzminimum ein", sagte Maria Loheide, Bundesvorstand des evangelischen Wohlfahrtsverbandes. Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des DGB, erklärte zu der Gerichtsentscheidung: "Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts sind immer nur verfassungsrechtliche Grenzen, über die der Gesetzgeber auch hinausgehen kann."
Laut Ulrich Schneider, dem Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, "entspringen die Hartz-IV-Sanktionen einer längst überwundenen Rohrstockpädagogik des vergangenen Jahrhunderts". Er forderte, sie "komplett und ersatzlos zu streichen".