Hamburg (epd). Die Kapitänin des Flüchtlingsschiffs "Sea-Watch 3", Carola Rackete, hadert mit ihrer Berühmtheit. "In den letzten Monaten ist eine Symbolfigur erschaffen worden, die mit mir persönlich wenig zu tun hat", sagte Rackete der Wochenzeitung "Zeit". "Mein Leben wird auf 21 Tage reduziert, in denen ich vor Lampedusa lag und verhaftet wurde."
In diesen Tagen erscheint Racketes erstes Buch, das mit ihrem Konterfei beworben wird. "Das Foto finde ich furchtbar!", sagte Rackete. Da jedoch alle Einnahmen der Organisation Borderline-Europe gespendet würden, habe sie pragmatisch reagiert: "Okay, je mehr Leute das Buch kaufen, desto besser."
Die 31-Jährige war europaweit bekanntgeworden, als sie im Juni 2019 als Kapitänin der "Sea-Watch 3" insgesamt 53 Flüchtlinge im Mittelmeer aus Seenot gerettet und nach wochenlangem Warten trotz eines Verbots der italienischen Behörden den Hafen der Insel Lampedusa angesteuert hatte. "Ich finde es okay, wenn man sagt, hier hat sich eine Person eingesetzt", sagte Rackete. Aber es gebe auf der Welt viele andere, die Positives tun, betonte sie: "Ich bin da nichts Besonderes." Was sie persönlich überhaupt nicht brauche, sei die "Geschichte von Carola, Heldin der Seenotrettung".
Früher sei ihr nicht in den Sinn gekommen, etwas für andere zu tun. Als Jugendliche habe sie die meiste Zeit das Computerspiel "World of Warcraft" gespielt. "Essen, Schule, Computer spielen, das war mein Alltag", sagte Rackete. Auch über ihren Einstieg bei der Organisation Sea-Watch sprach sie in der "Zeit": Ursprünglich habe sie gar keine Kapitänin werden wollen. "Ich mochte die Seefahrt noch nie", sagte sie. "An Bord ist es ultralangweilig, schon mein Nautik-Studium wollte ich deshalb abbrechen." Bei Sea-Watch habe sie nur deshalb angefangen, "weil ich Seenotrettung wichtig finde".