Osnabrück (epd). Die Osnabrücker Bildungsexpertin Renate Zimmer hat davor gewarnt, die Zahl der Fachkräfte pro Kind zum alleinigen Gradmesser für die Qualität von Kindertagesstätten zu machen. Ebenso wichtig seien das pädagogische Konzept und die Räume einer Kita sowie die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, sagte die ehemalige Direktorin des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Bertelsmann-Stiftung hatte am Donnerstag eine Studie über die Entwicklung der Betreuungsschlüssel in deutschen Kitas veröffentlicht.
Der Betreuungsschlüssel hat sich demnach verbessert, doch der Studie zufolge reicht das Personal noch nicht aus. Derzeit kommen auf eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft durchschnittlich 4,2 ganztags betreute Krippenkinder unter drei Jahren oder 8,9 ältere Kindergartenkinder, wie es im "Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme 2019" der Bertelsmann Stiftung heißt. Mit dem Kita-Ausbau wurde den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher um 54 Prozent aufgestockt.
Der Blick auf die Betreuungsschlüssel ist nach Angaben der Expertin aus politischer Sicht durchaus wichtig: "Das sind harte Fakten, an denen sich messen lässt, wie sehr ein Bundesland sich in der frühkindlichen Bildung engagiert", sagte Zimmer. Die Empfehlung der Stiftung hält sie unter den gegebenen Umständen für "in Ordnung", wenngleich etwa in Skandinavien Betreuungsschlüssel von bis zu 1 zu 2 beziehungsweise 1 zu 5 in Geltung seien. "Aber wir müssen sehen, was in Deutschland realistisch ist. In den nordischen Ländern wird insgesamt viel mehr Geld in die Bildung investiert."
Entscheidend sei darüber hinaus, dass Fachkräfte sich regelmäßig fortbilden könnten und durch Fachberater begleitet würden. Zudem sollten Geringqualifizierte wie etwa Sozialassistenten und Kinderpflegerinnen die Möglichkeit erhalten, sich berufsbegleitend zur pädagogischen Fachkraft weiterbilden zu lassen. Solche Weiterbildungen sollten bezahlt werden, forderte die Erziehungswissenschaftlerin. Das gleiche gelte für die berufsbegleitende Erzieher-Ausbildung, die aus ihrer Sicht durch eine Vergütung an Attraktivität gewinnen würde.
Die Professorin appellierte an die Bundesländer und Kita-Träger, angesichts der vielfach zu geringen Zahl an Kita-Plätzen und Gebäuden kreativer zu sein. "Die schlechteste Vatiante ist es sicherlich, Container aufzustellen und dort Kita-Gruppen unterzubringen." Gerade in Zeiten der Digitalisierung sei es besser und zudem kostengünstiger, zum Beispiel nach dem Konzept des Waldkindergartens zu arbeiten. "Da braucht man nur einen Bauwagen. Die Kinder lieben es, in der Natur frei zu spielen."