Brüssel, Straßburg (epd). Norwegen ist vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt worden, weil eine Entscheidung zur Adoption eines Kindes nach Ansicht der Richter nicht sorgfältig genug geprüft wurde. Der Staat habe damit das Recht des Kindes und der leiblichen Mutter auf Familienleben verletzt, erklärte das Gericht am Dienstag in Straßburg. Er muss der Frau 25.000 Euro Schadenersatz sowie 9.350 Euro Auslagenerstattung zahlen. (AZ: 37283/13)
Die Frau hatte den Jungen 2008 zur Welt gebracht und auf eigenes Betreiben Hilfe der Behörden in Anspruch genommen, wie der EGMR erklärte. Die Behörden entschieden etwas später, das Kind wegen möglicher Unterernährung in eine Pflegefamilie zu geben. Drei Jahre später wurde es von den Pflegeltern adoptiert. Die leibliche Mutter ging in Norwegen erfolglos dagegen vor.
Der EGMR urteilte nun, dass die Entscheidung zur Adoption nicht gut genug begründet gewesen sei. So sei die vermeintliche Unfähigkeit der leiblichen Mutter zur Sorge für den Sohn unter anderem auf Beobachtungen bei seltenen Kontakten zurückgeführt worden. Diese hätten aber oft in Räumen der Sozialfürsorge und in Gegenwart von Pflegemutter und einer Aufsichtsperson stattgefunden - ohne gute Gelegenheit, eine tiefere Verbindung aufzubauen, hieß es in der EGMR-Erklärung. Ein anderes Versäumnis war demnach, dass die Sorgefähigkeit der Mutter nicht neu beurteilt worden sei, nachdem sie geheiratet und ein zweites Kind bekommen habe.