Rom, Brüssel (epd). Italien hat die Anlandung von Frauen, Kindern und Kranken eines weiteren Rettungsschiffes genehmigt. Nachdem der "Mare Jonio" die Einfahrt in italienische Gewässer trotz schwerer See zunächst verweigert worden war, ordnete das Innenministerium die Evakuierung der als besonders schutzbedürftig geltenden Flüchtlinge an, wie die italienische Hilfsorganisation Mediterranea Saving Humans am Donnerstag auf Twitter mitteilte. Unterdessen lud Malta Deutschland und weitere Partner ein, um eine längerfristige Lösung für das Problem der Anlandungen zu finden.
Die Menschen dürften von der südlich der Insel Lampedusa blockierten "Mare Jonio" von Bord, erklärte Mediterranea Saving Humans. Das Schiff hatte am Vortag vor der libyschen Küste knapp hundert Bootsflüchtlinge gerettet. Unter den Migranten sind 26 Frauen, darunter acht Schwangere, und 22 Kinder im Alter von unter zehn Jahren.
Die Besatzung der "Mare Jonio" hatte das in Seenot geratene Schlauchboot auf dem Radar 70 Seemeilen nördlich der libyschen Hafenstadt Misrata mit einer defekten Luftkammer entdeckt. Die Flüchtlinge waren drei Tage zuvor von der libyschen Küste aus gestartet. Sie sollen mehrheitlich aus der Elfenbeinküste, Kamerun, Gambia und Nigeria stammen. Einige von ihnen hätten Spuren von Folter und durch den Kontakt mit Benzin verursachte Verbrennungen aufgewiesen. Um sie nicht erneuten Misshandlungen in libyschen Flüchtlingslagern auszusetzen, weigerte sich die Besatzung, die Flüchtlinge dorthin zurückzubringen.
Dessen ungeachtet verbot der italienische Innenminister Matteo Salvini dem Schiff, in italienische Hoheitsgewässer einzufahren. Er gewährte allerdings jetzt die Anlandung der besonders verwundbaren Menschen. Salvini von der rechten Lega ist weiter im Amt, offen ist aber, wie lange noch. Die italienische Regierung befindet sich im Umbruch.
Unterdessen lud Malta Deutschland und weitere EU-Länder zu einem Treffen am 19. September ein, um über den Umgang mit Bootsflüchtlingen zu beraten. Wie am Donnerstag aus EU-Kreisen in Brüssel verlautete, sollen auch Frankreich, Italien, Finnland als vorsitzendes Land im EU-Ministerrat sowie die EU-Kommission an der Konferenz auf Ministerebene teilnehmen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte in Berlin, "dass derzeit der 19. September 2019 für ein Treffen in Malta avisiert wird".
Ziel der Beratungen ist eine Verabredung, die dafür sorgen soll, dass Schiffe mit Geretteten künftig zügig einen Hafen finden. Eine entscheidende Frage ist, welche Staaten die an Land gegangenen Menschen danach aufnehmen. Das Treffen auf der Mittelmeerinsel war im Grundsatz schon im Juli verabredet worden. Die Bundesregierung zeigte sich damals zuversichtlich, dass über den Sommer eine "Koalition der Willigen" zur Aufnahme von Bootsflüchtlingen geschmiedet werden könne.
Immer wieder wurde in den vergangenen Monaten Schiffen wie jetzt der "Mare Jonio" das Anlanden zunächst verweigert. Auch das deutsche Rettungsschiff "Eleonore" sucht dringend einen Hafen für die 101 geretteten Flüchtlinge an Bord, wie die Dresdner Hilfsorganisation Mission Lifeline am Mittwoch mitgeteilt hatte.
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