Berlin (epd). Knabenchöre werden wegen möglicher Diskriminierung ein Fall fürs Gericht. In der kommenden Woche befasst sich das Verwaltungsgericht Berlin mit der Frage, ob der Berliner Staats- und Domchor ein reiner Knabenchor bleibt oder auch ein Mädchen aufnehmen muss. Wie das Gericht am Freitag mitteilte, richtet sich die Klage gegen die Universität der Künste (UdK), die Trägerin des Chores ist. Anberaumt ist eine mündliche Verhandlung am nächsten Freitag. Ein Urteil wird noch für den gleichen Tag erwartet.
Geklagt hat den Angaben zufolge ein neunjähriges Mädchen beziehungsweise dessen Mutter. Das Mädchen hatte demnach bis Januar 2018 im Kinderchor der Komischen Oper Berlin und von Februar 2018 bis August 2018 in der Domsingschule in Frankfurt am Main gesungen. Im November 2018 habe die Mutter um die Aufnahme ihrer Tochter in den Berliner Staats- und Domchor gebeten.
Nach einem Vorsingen hatte die Auswahlkommission das Mädchen unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass es an einer Grundlage für eine Ausbildung in dem Chor fehle, wie es hieß. Zudem genüge ihre Motivation für einen Einstieg in den Domchor nicht.
Laut Gericht wird damit erstmals um die Aufnahme eines Mädchens in den Staats- und Domchor zu Berlin gestritten. Bei dem Chor handelt es sich den Angaben zufolge um die älteste musikalische Einrichtung Berlins. Er wurde im Jahre 1465 unter dem Kurfürsten Friedrich II. von Brandenburg gegründet ("Singeknaben").
Nach Ansicht der Klägerin verletzt die Ablehnung des Mädchens den Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an staatlichen Leistungen und staatlicher Förderung. Die Zugangsbeschränkung auf Jungen diskriminiere das Mädchen auf unzulässiger Weise.
Die UdK argumentiert den Angaben zufolge dagegen, dass die Nichtaufnahme des Mädchen nicht vor allem auf ihr Geschlecht zurückzuführen sei. Vielmehr wäre sie aufgenommen worden, wenn sich die Auswahlkommission bei ihrem Vorsingen von einer außergewöhnlichen Begabung, hoher Leistungsmotivation und entsprechender Kooperationsbereitschaft der Erziehungsberechtigten hätte überzeugen können und wenn ihre Stimme dem angestrebten Klangbild eines Knabenchores entsprochen hätte. Das sei aber nicht der Fall gewesen.
Zwischen Mädchen- und Jungenstimmen bestünden anatomische Unterschiede, was zu differenzierten Chorklangräumen führe. Die hierauf zurückzuführende häufigere Ablehnung von Mädchen sei durch die Kunstfreiheit gerechtfertigt, hieß es weiter.