Genf (epd). Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hat nach dem Abriss mehrerer palästinensischer Häuser in Ost-Jerusalem das Vorgehen der israelischen Behörden scharf verurteilt. ÖRK-Generalsekretär Olav Fykse Tveit forderte Israel am Mittwoch in Genf dazu auf, den "illegalen Abbruch unverzüglich zu beenden". Der Abriss von 16 palästinensischen Gebäuden mit rund 70 Wohnungen in Wadi al Hummus im besetzten Ost-Jerusalem sei ein Bruch des internationalen Rechts. Mehr als zweihundert Menschen seien dieses Jahr in Ost-Jerusalem bereits vertrieben worden. Dieser Akt der Gewalt sei ein neuer und gefährlicher Präzedenzfall, sagte Tveit.
Bereits am Dienstag hatten Deutschland und drei weitere EU-Staaten scharfe Kritik am Vorgehen der israelischen Behörden geäußert. "Der Abriss von Gebäuden in besetzten Gebieten verstößt - außer in seltensten Ausnahmefällen - gegen das humanitäre Völkerrecht und Resolutionen des UN-Sicherheitsrats. Ein solches Vorgehen verursacht unnötiges Leid für palästinensische Zivilisten und schadet dem Friedensprozess", heißt es in einer vom Bundesaußenministerium in Berlin verbreiteten Erklärung
In diesem spezifischen Fall seien die Abrisse besonders schwerwiegend, da sich einige der Gebäude in A- und B-Gebieten befanden, die nach den Oslo-Abkommen der Hoheitsgewalt der Palästinensischen Behörde unterstehen, hieß es weiter. "Daher handelt es sich um einen Verstoß gegen diese Abkommen. Die Abrisse stellen einen gefährlichen Präzedenzfall dar, der die Zwei-Staaten-Lösung unmittelbar gefährdet", so die gemeinsame Erklärung von Deutschland, Frankreich, Spanien und dem Vereinigten Königreich.
Der Weltkirchenrat unterstrich, Israel sei als Besatzungsmacht durch internationale Gesetze dazu verpflichtet, die palästinensische Bevölkerung zu schützen. Nach dem Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten dürften Besatzer Eigentum in besetztem Gebiet weder zerstören noch beschlagnahmen. Zudem sei der gewaltsame Transfer von Einwohnern in einem besetzten Gebiet, außer aus notwendigen militärischen Gründen, ein schwerer Verstoß gegen internationales Recht, erklärte der norwegische Lutheraner Tveit.
Der 1948 gegründete Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ist ein internationaler Bund von evangelischen, orthodoxen, anglikanischen sowie weiteren Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Er repräsentiert weltweit mehr als 550 Millionen Christen in über 120 Ländern. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied, arbeitet mit dem ÖRK jedoch zusammen.