Ceylan: Migrationsdebatte prägt negatives Bild des Islam

Ceylan: Migrationsdebatte prägt negatives Bild des Islam
11.07.2019
epd
epd-Gespräch: Franziska Hein

Osnabrück (epd). Nach Ansicht des Osnabrücker Islamexperten Rauf Ceylan ist das negative Bild des Islam in Deutschland stark geprägt durch die Debatte über Zuwanderung. "Der Islam- und der Migrationsdiskurs verschmelzen seit einigen Jahren", sagte Ceylan dem Evangelischen Pressedienst (epd). Globale Konflikte im Nahen Osten würden ebenfalls mit dem Islam assoziiert.

Allerdings habe dieser Zusammenhang schon vor 2015 bestanden, als die Debatte über Zuwanderung aus vorwiegend muslimischen Ländern erneut begonnen habe, sagte Ceylan. In den 2000er Jahren sei die Angst vieler Deutscher vor einer zunehmenden Islamisierung kontinuierlich gestiegen. Der "Religionsmonitor" der Bertelsmann Stiftung, der am Donnerstag in Gütersloh veröffentlicht wurde, zeigt, dass jeder zweite Befragte den Islam als Bedrohung empfindet. In Ostdeutschland sind es 57 Prozent, in Westdeutschland 50 Prozent.

Dass der Wert in Ostdeutschland höher sei, wundere ihn nicht, sagte Ceylan. In Ostdeutschland gebe es weniger Muslime und damit auch weniger Gelegenheit, sich direkt mit Vertretern des Islam auszutauschen. Die meisten Menschen machten sogenannte Sekundär-Erfahrungen mit dem Islam etwa über die Medien, die oft einseitig berichten würden. Das führe dazu, dass die Zahl der Islamskeptiker im Osten etwas höher sei als im Westen.

Die Studie der Bertelsmann Stiftung hat ergeben, dass Menschen, die regelmäßig Kontakt zu Angehörigen anderer Religionen haben, den Islam seltener als Bedrohung empfinden. In dieser Gruppe betrachten laut "Religionsmonitor" 46 Prozent den Islam sogar als eine Bereicherung. Unter den Personen, die kaum persönlichen Kontakt zu anderen Religionen haben, sehen dagegen 64 Prozent im Islam eine Bedrohung.

Islamverbände müssten sich laut Ceylan stärker dafür einsetzen, Ängste in der Bevölkerung abzubauen, und noch mehr Dialogangebote schaffen. Zudem müsse der Islam auch selbstkritischer sein. Es reiche nicht aus, reflexhaft zu sagen, Terror habe mit dem Islam nichts zu tun. Islamische Theologen müssten sich auch wissenschaftlich mit den Argumentationsschemata von Terrorgruppen wie dem "Islamischen Staat" (IS) auseinandersetzen.

Ceylan sieht als Konsequenz aus der Studie aber auch deutsche Medien in der Pflicht, den Islam nicht nur in problematischen Kontexten zu thematisieren. "In der Berichterstattung über den Islam als Religion geht es selten um die Rezitationskunst des Koran, sondern meist um konfliktbehaftete Themen wie die Integration von Flüchtlingen", sagte Ceylan.