Berlin (epd). Die Forderung von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nach Pflichtbesuchen von Schulklassen in Holocaust-Gedenkstätten stößt auf Kritik. "Man kann mit Zwangspädagogik nie etwas bewirken", sagte Astrid Ley, stellvertretende Leiterin der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen, der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag). Jungen Leuten "im Schnelldurchgang" demokratische Werte zu vermitteln, funktioniere nicht.
Auch die Arbeit mit Migranten in Gedenkstätten sei nicht einfach, fügte Ley hinzu: "Es ist problematisch, Leute, die selbst gerade eine traumatische Erfahrung hinter sich haben, mit dem massiven Leid einer anderen Gruppe zu konfrontieren. Da bringt man psychologische Prozesse in Gang, die man nicht auffangen kann."
Auch Gabriele Hammermann, Leiterin der Gedenkstätte Dachau, wandte sich gegen Pflichtbesuche. Es sei naiv zu erwarten, dass Besucher mit rassistischer Einstellung diesen Ort nach zwei Stunden Führung als Demokraten wieder verlassen würden. Das sei nur sinnvoll mit Vor- und Nachbereitung.
Jens-Christian Wagner, Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und Leiter der Gedenkstätte Bergen-Belsen, sagte: "Solche Besuche als Empfehlung in die Lehrpläne aufzunehmen halte ich für richtig, nicht aber als Verpflichtung." Man brauche Formate, die es den Besuchergruppen ermöglichen, sich kritisch mit der Geschichte auseinanderzusetzen.
Kramp-Karrenbauer hatte im Juli für verpflichtende Besuche von Schülern in Holocaust-Gedenkstätten plädiert. "Ich bin davon überzeugt, dass der Besuch einer Gedenkstätte auf jedem Lehrplan stehen und sich jeder zumindest einmal in seinem Leben damit auseinandersetzen muss", sagte sie der "Bild"-Zeitung. Sie forderte zudem ein entschiedeneres Vorgehen gegen Antisemitismus.
epd cez