"Viel Beglückendes erfahren"

Bischöfin Ilse Junkermann
© epd-bild/Peter Endig
Landesbischöfin Ilse Junkermann wird am Samstag im Magdeburger Dom von ihrem Amt entpflichtet.
"Viel Beglückendes erfahren"
Wechsel an der Spitze der mitteldeutschen Kirche: Am Samstag wird Landesbischöfin Junkermann im Magdeburger Dom von ihrem Amt entpflichtet. Im September geht die 62-Jährige für ein Forschungsprojekt an die Universität Leipzig.

Zehn Jahre lang stand Ilse Junkermann an der Spitze der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), als erste Landesbischöfin der damals gerade fusionierten Landeskirchen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es waren keine leichte Aufgaben, die die aus Baden-Württemberg stammende Theologin mit ihrem Amt übernahm. Die unterschiedlichen Kirchen und Regionen mussten zusammenwachsen, auch mit Kritik musste Junkermann umgehen lernen. Ein Herzensanliegen war ihr zum 500. Reformationsjubläum die Initiative "Offene Kirchen", wobei es darum ging, die Kirchentüren gerade auch in den ländlichen Regionen verlässlich zu öffnen - an den Zahlen gemessen eher mit mäßigem Erfolg. Sie selbst hätte ihr Amt gern verlängert, noch wenige Jahre bis zum Ruhestand, nun endet ihre Amtszeit als Landesbischöfin aber regulär nach zehn Jahren.

Ihre persönliche Bilanz fällt in den jüngsten Interviews positiv aus. Der Mitteldeutschen Kirchenzeitung "Glaube+Heimat" (Ausgabe zum 7. Juli) sagte Junkermann: "Es war eine wirklich gute Zeit für mich und meine geistliche Entwicklung, vor allem die vielen Gottesdienste, besonders in kleinen Gemeinden. Ich habe eine Zeit des Erntens erlebt." Viele Erfahrungen habe sie einbringen können, betonte sie. "Insgesamt habe ich immer wieder viel Beglückendes erfahren, und diese Stimmung dominiert."

Ihre Erfahrungen wird sie von September an auch in der Forschungsstelle "Kirchliche Praxis in der DDR. Kirche (sein) in Diktatur und Minderheit" am Institut für Praktische Theologie der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig einbringen können. Dabei soll es unter anderem um die Fragestellung gehen, wie Erfahrungen und Konzeptionen der Kirchen in der DDR für gegenwärtige Herausforderungen fruchtbar werden können. An diesem Samstag wird sie in einem Festgottesdienst im Magdeburger Dom von ihren Aufgaben als Landesbischöfin entpflichtet. Bis August ist Junkermann aber noch im Dienst.

Ilse Junkermann wurde am 31. Mai 1957 in Dörzbach/Jagst im Nordosten Baden-Württembergs geboren. Nach ihrem Theologiestudium in Tübingen und Göttingen und dem Vikariat in Horb am Neckar übernahm sie Pfarrstellen in Stuttgart. Ab 1994 war sie als Studienleiterin für Pastoraltheologie und Predigtlehre am Pfarrseminar in Stuttgart-Birkach tätig. Seit 1997 leitete Junkermann im Oberkirchenrat in Stuttgart das Personaldezernat, später kam das Ausbildungsdezernat dazu.

Dann kam für sie überraschend die Anfrage, ob sie sich das Amt der Landesbischöfin der neugebildeten EKM vorstellen könnte. Und sie konnte. Am 21. März 2009 wählte die mitteldeutsche Synode Junkermann für zehn Jahre zur Landesbischöfin. Am 29. August 2009 wurde sie im Magdeburger Dom in ihr Amt eingeführt.

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland entstand zum 1. Januar 2009 aus dem Zusammenschluss der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen mit der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen. Rund 700.000 evangelische Christen gehören der EKM heute an, 450.000 davon in Thüringen, 240.000 in Sachsen-Anhalt. Hinzu kommen Mitglieder aus Gemeinden in den Randgebieten von Brandenburg und Sachsen. Bischofssitz ist Magdeburg, in Erfurt befindet sich das Landeskirchenamt.

Von 2011 bis 2018 war Junkermann außerdem Stellvertretende Leitende Bischöfin in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Sie gehört zum Herausgeberkreis der Göttinger Predigtmeditationen, zum Beirat des "Netzwerk Weitblick - Verband Journalismus & Nachhaltigkeit" und zum Kuratorium von Studium in Israel e.V.. Ilse Junkermann ist in zweiter Ehe verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn aus erster Ehe.

In ihrer Amtszeit setzte sie auch Impulse zur selbstkritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte der Kirche, eckte aber auch mit Äußerungen zur Versöhnung zwischen Tätern und Opfern der SED-Diktatur an. Mit den Problemen einer kleiner werdenden Kirche konfrontiert und auf der Suche nach neuen Formen, die Menschen für den christlichen Glauben zu gewinnen, entstanden in den vergangenen Jahren unter anderem die sogenannten Erprobungsräume. Junkermanns Nachfolger, Friedrich Kramer, setzt auf "fröhliche Zuversicht", wie er sagt. Mit ihm wird künftig ein Mann aus Ostdeutschland an der Spitze der EKM stehen.