"Die digitale Welt von heute dient jedenfalls jetzt noch den Interessen derer, die unsere Geräte voreinstellen, unsere Anwendungen programmieren und unser Verhalten lenken wollen", sagte Steinmeier am Donnerstag beim evangelischen Kirchentag in Dortmund. Er forderte, "das Spiel zu unterbrechen und die Spielregeln zu überprüfen".
Was einmal gestaltet worden ist, könne neu gestaltet werden, einmal Programmiertes umprogrammiert werden, sagte Steinmeier. In seiner Grundsatzrede beklagte er Passivität bei der Gestaltung der Digitalisierung. Man dürfe den technologischen Fortschritt niemals als "monströses Naturereignis" ansehen, sondern müsse verstehen wollen, "was unser Menschsein und unseren Zusammenhalt gefährdet", sagte das Staatsoberhaupt.
Er forderte eine "Demokratisierung des Digitalen". Es gehe um die "Rückgewinnung des politischen Raumes" gegen Verrohung und Verkürzung von Sprache und Debatten sowie gegen die "ungeheure Machtkonzentration" einer Handvoll Konzerne im Silicon Valley.
Der Bundespräsident plädierte für die Entwicklung einer "Ethik der Digitalisierung" und von Standards, die auch im Netz Würde und Freiheit des Menschen sicherten. Als Beispiele nannte er nachvollziehbare Algorithmen, den Schutz der Privatsphäre, die Verfolgung von Hetze und soziale Sicherheit auch bei neuen, durch die Digitalisierung entstehenden Arbeitsstellen. Dabei forderte Steinmeier auch gesetzliche Regeln und internationale Vereinbarungen, mindestens innerhalb der EU. Man sollte aber auch den Versuch wagen, mit den USA und China so etwas wie "ethische Minima" zu entwickeln, sagte er.