Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die von ihm geplante Widerspruchslösung bei der Organspende verteidigt. Die Organspende bleibe auch mit der Widerspruchslösung eine freie und persönliche Entscheidung, schrieb Spahn in einem Gastbeitrag für die Oldenburger "Nordwest-Zeitung" (Samstag): "Die einzige Pflicht wäre, sich Gedanken zu machen." Ein Nein auszusprechen sei angesichts von 10.000 Menschen, die in Deutschland auf ein lebensrettendes Organ warteten, zumutbar. Die Stiftung Patientenschutz forderte derweil mehr staatliche Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen bei Organspenden und der Verteilung von Spenderorganen.
Bislang seien Richtlinien, Organisation, Durchführung und Kontrolle der Organspenden an privatrechtliche Akteure wie Bundesärztekammer oder Krankenhausgesellschaft delegiert, teilte die Stiftung in Dortmund anlässlich des bundesweiten Tages der Organspende am 1. Juni mit. Insbesondere bei der Kontrolle träten jedoch immer wieder Interessenkonflikte zutage. Das sorge in der Öffentlichkeit dafür, dass die Verteilung von Spenderorganen mitunter als ungerecht bewertet werde.
Spahn schrieb in der Zeitung, volljährige Bürger gälten nach der neuen Regelung als potenzielle Organspender. Jeder werde dreimal angeschrieben und darauf hingewiesen. Und jeder könne jederzeit widersprechen. Falls das nicht zu Lebzeiten passiere, würden die Angehörigen nach dem Willen der Verstorbenen gefragt. "Einen Automatismus wird es also nicht geben."
Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen 84 Prozent der Deutschen dem Thema "Organspende" grundsätzlich positiv gegenüber. Dennoch verfügten nur rund 36 Prozent über einen Organspendeausweis. In einer von der Deutschen Stiftung Patientenschutz in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage, die vom Meinungsforschungsinstitut Kantar unter 1.025 Menschen erhoben wurde, hielten jedoch nur 50 Prozent der Befragten das Organspendesystem in Deutschland für gerecht. 36 Prozent glaubten nicht, dass Spenderorgane gerecht verteilt werden, 14 Prozent hatten keine Meinung.
Aufklärung und Transparenz nötig
Der Stiftung zufolge zeigt sich in diesem Ergebnis eine "Vertrauens- und Gerechtigkeitskrise", die sich in der zurückhaltenden Bereitschaft zur Organspende manifestiere. Jüngsten Zahlen zufolge sei die Bereitschaft zur Organspende sogar noch weiter gesunken. Um dem entgegenzutreten, seien "Aufgeklärtheit und Transparenz" nötig, erklärte die Stiftung. Zudem müsse die Verantwortung für das Transplantationssystem auf eine "staatliche Institution" übertragen werden.
Nach Ansicht des Schauspielers Christoph Bach ist die Angst vor dem Tod ein Grund, weshalb relativ wenige Deutsche einen Organspendeausweis besitzen. Um eine Entscheidung zu treffen, müsse man sich mit seinem eigenen oder dem Tod von Angehörigen beschäftigen, sagte der 44-Jährige der "Frankfurter Allgemeine Zeitung". "Ich glaube, das führt oft dazu, die Entscheidung erst mal aufzuschieben." Dabei könne Organspende dem eigenen Tod einen Sinn geben. Ein anderes Leben zu retten sei ja etwas sehr Schönes. "Und macht mehr Mut als Angst", sagte der Schauspieler, der in seinem neuen Film "Das Leben meiner Tochter" den Vater einer Herzkranken spielt.