Seit Samstagnachmittag ist die evangelische Würzburger St. Johanniskirche nun ganz offiziell ein Mahnmal für den Frieden. Die Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski enthüllte eine Schrifttafel neben dem Eingang des Gotteshauses, das im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört wurde. Die Besucher werden künftig informiert: "Aus den Trümmern der St. Johanniskirche bauten Menschen unserer Gemeinde das Gotteshaus wieder auf. Durch den alten Turm führt der Weg in die neu aufgebaute Kirche hinein."
Der Kirchenvorstand und die Pfarrer der St. Johannis-Gemeinde hatten Anfang dieses Jahres beschlossen, die eigene Kirche in den Rang eines Mahnmals zu erheben. Als Tag der Enthüllung hatten sie den Jahrestag der Bombenzerstörung Würzburgs im Jahr 1945 gewählt – den 16. März. Die Mahnmals-Erhebung wurde mit einem öffentlichen Festakt begangen, an dem neben der Regionalbischöfin auch der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) sowie Ehrengäste aus Polen und Frankreich teilnahmen. Vor 74 Jahren wurde fast die gesamte Stadt bei einem Angriff der Royal Air Force zwischen 21.20 und 21.40 Uhr zerbombt, etwa 4.000 Menschen starben dabei.
"Die Türme der Kriche wollen verstören"
Regionalbischöfin Bornowski warnte in ihrer Festansprache davor, sich an die "eigenwillige Architektur der Johanniskirche" zu gewöhnen. "Die Türme wollen verstören und rufen: 'Suche Frieden uns jage ihm nach'", zitierte sie die ökumenische Jahreslosung 2019. Mit diesem Vers aus Psalm 34 übe die Kirche "ihr Wächteramt in unserer Gesellschaft" aus: "Die Jahreslosung stellt die heilsame Kontrollfrage: Was dient dem Frieden und was gefährdet ihn?" Mit dieser Frage gewinne man leichter einen Standpunkt zu Fragen des Konsums, des Waffenexports und der "recht-erhaltenden Gewalt", sagte Bornowski. Schließlich gehe es bei Frieden nicht nur um die Abwesenheit von Krieg, sondern um "gerechten Frieden".
Der Würzburger Stadtheimatpfleger Hans Steidle sagte, St. Johannis sei "ein guter Gedenkort für Frieden". Mit den Resten der Kriegsruine habe Architekt Reinhard Riemerschmid 1956 einen Neubau vereint – anders als die Kathedrale von Coventry und die Gedächtniskirche in Berlin, die ebenfalls alte und neue Architektur miteinander kombinieren, bei denen die Baukörper aus verschiedenen Epochen aber räumlich getrennt voneinander stehen. In der Johanniskirche hingegen "gehen wir durch die Vergangenheit in die Gegenwart und Zukunft hinein"
Charakteristisch für den Bau ist der neugotische Turmstumpf, neben dem zwei nadelspitze, grau verblendete geometrische Figuren 60 Meter hoch aufragen "wie zwei gotische Turmhelme", erläuterte Steidle. Das anschließende, neu errichtete Kirchenschiff vereine Beton, Ziegelsteine und Natursteine aus den Trümmern des Vorgängerbaus, indem sie die unterschiedlichen Materialien in waagerechten Bändern schichteten. Auch die künstlerische Ausstattung der Kirche trage zum Bildprogramm des Friedens bei, erläuterte Steidle.