"Die Kommunen tragen ein großes Gewicht in der Flüchtlingspolitik", sagte der Wissenschaftler vom Institut für Migrationsforschung an der Universität Osnabrück dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sie können durchaus Einfluss nehmen auf die Bundes- und Landespolitik." Auf Initiative der Bewegung "Seebrücke" haben sich in Deutschland mittlerweile mehr als 40 Städte und Gemeinden zu "sicheren Häfen" erklärt. Sie wenden sich damit gegen eine europäische Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen. Sie erklären sich zudem bereit, aus Seenot gerettete Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote unterzubringen.
Zivilgesellschaft muss sich engagieren
Kleist sagte, viele Menschen wollten auch angesichts der Bilder von Ertrunkenen und Flüchtlingen, die auf Schiffen festsäßen, helfen. "Ihnen ist wichtig zu zeigen: Es ist politisch, was dort geschieht", erläuterte der Forscher. Sie wollten ein Zeichen dafür setzten, dass Menschen gerettet werden müssten und Schiffe Häfen anlaufen dürften. "Es ist das Signal: Das alles hat etwas mit uns zu tun, auch wenn unsere Städte und Dörfer nicht am Mittelmeer liegen."
Zwar sei die Flüchtlingspolitik komplex, sagte Kleist. Die Kommunen könnten nur im Zusammenspiel mit der Bundesregierung und den Ländern handeln. Zudem spiele europäische Politik mit hinein. Dennoch könnten Kommunen viel beitragen, wenn sie den Willen und die Kapazität hätten, Menschen aufzunehmen. Auch die Bundesregierung baue unter anderem auf zivilgesellschaftliches Engagement. Europaweit sehe er den Trend, dass sich Kommunen aus humanitären, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen dazu bereiterklärten, Flüchtlinge aufzunehmen. In Italien geschehe dies sogar entgegen der Abschottungspolitik des eigenen Landes.
Städte und Gemeinden, die "sichere Häfen" seien, setzten zudem ein Signal nach innen und machten damit Werbung für ein besseres Zusammenleben vor Ort, erläuterte der Wissenschaftler. Der Erfolg der "Seebrücken"-Kampagne ist seiner Ansicht nach unter anderem damit zu erklären, dass noch immer viele Menschen sich ihr Engagement aus den Jahren 2014 und 2015 bewahrt hätten. Millionen hätten geholfen, als damals viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen. "Jetzt brechen die Aufgaben weg, aber der Wunsch zu helfen ist noch da."