"Lügen mächtiger Personen nehmen Einfluss auf die Verbindlichkeit des Wahrheitsgebots und tragen dadurch zur Legitimierbarkeit von Lügen bei", sagte Schmitt, der Professor an der Universität Koblenz-Landau ist, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die evangelische Fastenaktion "7 Wochen Ohne" hat in diesem Jahr dazu aufgerufen, ab Aschermittwoch sieben Wochen aufs Lügen zu verzichten.
Wer lüge und dabei ertappt werde, könne sich auf die mächtigsten Männer der Welt berufen, kritisierte Schmitt. Bei US-Präsident Trump habe der Faktencheck der "Washington Post" ergeben, dass er täglich mehrmals öffentlich die Unwahrheit sage. Beim russischen Präsidenten Putin gebe es entsprechende quantitative Untersuchungen nicht, aber auch Putin lüge, erklärte Schmitt. Dabei kann eine Lüge nach Schmitts Worten durchaus sinnvoll und legitim sein. Menschen griffen dann zu einer Lüge, wenn sie damit größeren Schaden verhindern könnten. Die Idee der Notlüge sei in mehreren Religionen und in der "naiven Alltagsmoral" verankert.
Die Notlüge folge im Grunde der Regel, dass man lügen darf, wenn dadurch ein höheres Gut als die Wahrheit geschützt werde, sagte Schmitt. So hätten etwa Menschen, die während des Nazi-Regimes Juden versteckten, lügen müssen, wenn die Gestapo kam. Aus psychologischer Sicht sei dies eine klassische Entscheidungssituation, in der die Konsequenzen unterschiedlicher Verhaltensalternativen und deren Bewertungen verglichen werden.
Wer hohe moralische Standards an sein Verhalten anlege, werde nur ausnahmsweise dann lügen, wenn dadurch gravierender Schaden abgewendet werden könne. "Wer der Wahrheit wenig Wert beimisst, wird lügen, wenn sich Vorteile erreichen lassen", sagte Schmitt. So gesehen seien gute Lügen solche, die ein höheres Gut als die Wahrheit sichern. Schlechte Lügen hingegen dienten nur dem persönlichen Vorteil.