Die Nachricht eines chinesischen Forschers über die Veränderung des Erbguts von Zwillingsmädchen zeige, dass es allgemeine ethische Leitlinien brauche, die für alle Wissenschaftler verbindlich sind, sagte die Direktorin des Instituts für Ethik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Zwar berge die Gentechnologie enorme Potenziale, und die Wissenschaft erhoffe sich davon Heilungschancen beispielsweise bei Krankheiten wie Parkinson und Mukoviszidose, erklärte Gräb-Schmidt, die dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und dem Deutschen Ethikrat angehört. Doch es müsse unterschieden werden zwischen einer somatischen Gentherapie, bei der Veränderungen in der DNA nur einen Menschen betreffen, und einem Eingriff in die Keimbahn, der dann auch Folgen für weitere Generationen haben könne. Bei einer Keimbahntherapie stellten sich verschärft ethische Fragen nach den Grenzen der technischen Machbarkeit, betonte die Professorin für Systematische Theologie, die sich unter anderem mit Fragen der Technik- und Bioethik auseinandersetzt.
Betroffene beraten und Problembewusstsein schärfen
Bei Werbeverboten für Abtreibungen und Bluttests auf Down-Syndrom setzt die Theologin nach eigenen Worten auf Beratungsgespräche für Schwangere in Konfliktsituationen. Da bereits Bluttests im Internet angeboten würden, sei es wichtig, Betroffene zu beraten und das Problembewusstsein zu schärfen. "Damit schützt man werdendes Leben mehr, als wenn man einfach nur gegen einen solchen Test ist", sagte sie. Durch die Beratung solle jedenfalls ausgeschlossen werden, dass es zur Regel werde, behinderte Kinder abzutreiben.
Den Kompromiss der Regierungskoalition zum Werbeverbot für Abtreibungen bezeichnete Gräb-Schmidt als Schritt in die richtige Richtung. Demnach soll am Werbeverbot festhalten werden, der Paragrafen 219a soll aber so ergänzt werden, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und Ärztekammern neutral über Schwangerschaftsabbrüche informieren können.
Information für die betroffenen Frauen und Paare sei wichtig und müsse an zentralen Stellen angeboten werden und verlässlich sein, sagte die Ethikerin. Die Beratung werde daher ins Zentrum der Fragen um einen möglichen Schwangerschaftsabbruch gestellt. Es müsse jedoch klar sein, dass es um den Schutz werdenden Lebens gehe. Eine Abtreibung sei nicht nur eine "Entfernung von embryonalem Gewebe". Dahinter verberge sich bereits ein Mensch. Jeder Abbruch könne nur als Entscheidung einer schwerwiegenden Konfliktsituation angesehen werden, die von keiner Frau leichtfertig getroffen werde, erklärte Gräb-Schmidt.