Doch am Ende einen Kompromiss zu finden, sei keine Schwäche. "Die Fähigkeit zum Kompromiss ist die Stärke der Demokratie", stellte der Bundespräsident heraus.
"Wir müssen wieder lernen zu streiten, ohne Schaum vorm Mund, und lernen, unsere Unterschiede auszuhalten", sagte Steinmeier. Wer streite, könne sich auch wieder zusammenraufen. "Aber wer gar nicht spricht und erst recht nicht zuhört, kommt Lösungen kein Stück näher. Sprachlosigkeit heißt Stillstand", sagte der Bundespräsident.
Er wünsche sich, "dass unsere Gesellschaft mit sich im Gespräch bleibt". "Was passiert, wenn Gesellschaften auseinanderdriften, wenn eine Seite mit der anderen kaum noch reden kann, ohne dass die Fetzen fliegen - das sehen wir in der Welt um uns herum", sagte Steinmeier: "Wir haben brennende Barrikaden in Paris erlebt, tiefe politische Gräben in den USA, Sorgen in Großbritannien vor dem Brexit, Zerreißproben für Europa in Ungarn, Italien und anderswo." Auch in Deutschland gebe es "Ungewissheit, gibt es Ängste, gibt es Wut".
"Ich habe den Eindruck, wir Deutsche sprechen immer seltener miteinander", beklagte das Staatsoberhaupt: "Und noch seltener hören wir einander zu." Vor allem in den Sozialen Medien werde "gegiftet, da ist Lärm und tägliche Empörung". Angesichts dessen rief Steinmeier zum Zusammenhalt auf: "Wir alle gehören zu diesem Land - unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe, von Lebensanschauung oder Lieblingsmannschaft."