In Gießen demonstrierten rund 150 Menschen. In Münster forderten rund 100 Frauen unter dem Motto "Keine Kompromisse!" die Abschaffung des Paragrafen. Auch in Karlsruhe versammelten sich rund 20 Demonstranten. Die Kundgebungen war Teil eines bundesweiten Aktionstages, zu dem das "Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung" aufgerufen hatte.
Dem Bündnis gehören unter anderem Beratungsstellen, feministische Gruppen, Gewerkschaften und Parteien an. Auf Grundlage des Paragrafen 219a hatten Gerichte Ärzte verurteilt, die auf ihrer Website darüber informierten, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe hatte vor gut einem Jahr eine breite Debatte über den 219a entfacht.
Kritiker: Informationsmöglichkeit ohne kriminalisiert zu werden
Mit den Protesten reagierte das Bündnis auf ein vor einer Woche vorgelegtes Eckpunktepapier der Bundesregierung zur "Verbesserung der Information und Versorgung in Schwangerschaftskonflikten". Der Informationsauftrag soll im Paragraf 219a verankert werden. Der Vorschlag stößt bei den Kritikern auf Ablehnung. Sie fordern eine komplette Abschaffung des Paragrafen.
Die große Koalition habe einen faulen Kompromiss ausgehandelt, sagte Gießens Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz (SPD) auf der Kundgebung vor dem Rathaus der hessischen Stadt. Der Kompromiss beinhalte, dass der Paragraf "unter Strafandrohung bestehen bleibt". Es müsse aber eine Möglichkeit geben, über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren, "ohne kriminalisiert zu werden", forderte die Politikerin.
Grundsätzlich wird in Deutschland ein Schwangerschaftsabbruch als eine Straftat mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet. Es gibt aber Ausnahmen, nach denen eine Abtreibung erlaubt ist. Nach der sogenannten Beratungsregelung ist ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen erlaubt, wenn die Schwangere eine Beratung in Anspruch genommen hat.
Dem veröffentlichten Einigungspapier der großen Koalition zufolge sollen staatliche Stellen damit beauftragt werden, Informationen zur Verfügung zu stellen, welche Ärzte und medizinischen Einrichtungen Abtreibungen vornehmen. Beauftragt werden sollen die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Der Informationsauftrag soll im umstrittenen Paragraf 219a verankert werden. Details wurden für Januar angekündigt.