Dabei sei eine kritische Reflexion sehr wichtig, um das Verkümmern zum religiösen Verein sowie totalitäre Ansprüche zu verhindern. Als aktuelle Herausforderungen benannte sie dabei den interreligiösen Dialog, "der geführt werden muss", sowie die Krise der Demokratie und die Frage, "wie wir diese immer noch beste aller Herrschaftsformen stützen und fortentwickeln können".
Isoliert kann Religion totalitär werden
Junkermann reagierte mit ihren Ausführungen auf den Vortrag "Friedensstifter oder Spaltpilze - Zur Rolle der Religionen an den Hochschulen" des Bonner Staatskirchenrechtlers Ansgar Hense. Es sei für den religiös-weltanschaulich neutralen Staat nicht sinnvoll, das Religiöse aus der Öffentlichkeit herauszuhalten, betonte die Landesbischöfin. Passiere dies doch, müsse genauer hingeschaut werden. Ohne Öffentlichkeit werde Religion zuweilen gefährlich, da dort ein totalitärer Anspruch entstehen könne. "Wenn Religion sich abschließt, verkümmert sie zu fundamentalistischem Einzelgängertum, kann sie Konflikte mit ihrer Umwelt nach innen wie nach außen nur mit Gewalt lösen", sagte die Theologin.
Junkermann ging auch auf das Thema Trennung von Staat und Religion ein. Im Festhalten daran, dass Rathaus und Kirche unterschiedliche Aufgaben, Wirkungsweisen und Ziele hätten und darin jeweils ernst genommen würden, zeige sich die Sinnhaftigkeit von Luthers "Zwei-Regimenten-Lehre". Sie verhindert aus Sicht Junkermanns eine Vermischung der Verantwortungsbereiche und garantiert zugleich den Freiraum für den jeweils anderen. Missverstanden werde sie dort, wo zwei völlig verschiedene, voneinander unabhängige Bereiche gefordert werden. "Wir verstehen uns als Teil des Gemeinwesens. Und leben unsere Religion, unseren Glauben sowohl in diesem Raum als auch im Dienst an diesem Gemeinwesen", erklärte die Landesbischöfin.
Die Sinnhaftigkeit von Luthers "Zwei-Regimenten-Lehre"
Zu den Grundsätze von Kirche beziehungsweise Christen im öffentlichen Leben und damit auch von Hochschulen zählen für sie unter anderem Loyalität gegenüber allen staatlichen Organen und deren Unterstützung, das Übernehmen öffentlicher Verantwortung, das Mitgestalten des öffentlichen Raums, den Einsatz für christliche Grundorientierungen und das Gespräch mit anderen Religionsgemeinschaften im toleranten Diskurs. Als wichtige christliche Beiträge für Hochschulen nannte die Bischöfin unter anderem den Hochschulbeirat, die Hochschulseelsorge, die Begleitung ausländischer Studierender und die Ausgabe von Stipendien.