27.10., Arte, 23.35 Uhr: "Philosophie: Ungehorsam in der Demokratie"
Spätestens seit Edward Snowden ist der Begriff des Whistleblowings allseits bekannt. Warum gibt es in demokratischen Gesellschaften immer mehr Akte des Ungehorsams? In einer Diktatur wäre der Widerstand gegen das repressive Regime relativ einfach zu legitimieren. In einer Demokratie jedoch hat das Volk per Definition die Macht, kollektiv die Gesetze zu ändern. Was bedeutet es, wenn jemand in einer Demokratie seine Freiheit über die Gesetze stellt, wenn er Ungehorsam übt und dabei nur seinem Gewissen folgt? Ist der Ungehorsam eine neue, legitime Form des politischen Handelns? In der heutigen Folge von "Philosophie" werden diese und weitere Fragen diskutiert. Zu Gast ist die Philosophin und Dozentin Sandra Laugier, die zu diesen Themen forscht und an der Sorbonne in Paris lehrt. Nach dem Studium der analytischen Philosophie brachte sie neue philosophische Ansätze nach Frankreich, darunter die Philosophie der normalen Sprache, Forschungen zum zivilen Ungehorsam und zur radikalen Demokratie. Zweiter Gast ist Nicole Marie Meyer, die als vormals hohe Beamtin vom französischen Außenministerium entlassen wurde, nachdem sie die Veruntreuung von Geldern aufgedeckt hatte. Sie gilt als eine der ersten Whistleblowerinnen Frankreichs und leitet heute bei Transparency International den Bereich Whistleblowing.
28.10., Arte, 19.30 Uhr: "Zen-Gärten: Erleuchtung in Stein"
Im traditionellen Weltbild der Japaner spielt die Natur eine wichtige Rolle. Und so haben auch Gärten einen entsprechend hohen Stellenwert. Berühmt ist das Land für seine Zen-Gärten, die als grandiose Miniaturlandschaften mit Bäumen, Büschen und Wasser Wirkung entfalten oder durch Kargheit und Minimalismus überzeugen. Aber sind Zen-Gärten mehr als reine Abbilder der Natur oder dekoratives Kunstwerk? Was muss man über Zen wissen, um einen nach diesem meditativen, buddhistischen Konzept angelegten Garten zu verstehen? Der "Tempel des zur Ruhe gekommenen Drachen" ist ein 1499 gegründeter Zen-Tempel in Kyoto. Hauptattraktion des Tempels ist sein Garten, der wohl berühmteste Zen-Garten Japans: Der Hojo-Teien wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts im Kare-san-sui-Stil angelegt. Die Dokumentation ist eine Reise durch die jahrhundertealten Zen-Gärten Kyotos und führt zu einem abgeschiedenen Zen-Kloster im Gebirge. "Erleuchtung ist die Erlösung vom Leiden", sagt Buddha. Die Dokumentation zeigt die besondere Art dieser japanischen Gartenarchitektur und geht der Frage nach, was Zen-Gärten mit Erlösung zu tun haben.
28.10., MDR, 22.25 Uhr: "Glauben, Leben, Sterben"
Mit dem Prager Fenstersturz im Mai 1618 begann der Dreißigjährige Krieg und damit der letzte große Religionskrieg in Europa. Er weitete sich zu einem Flächenbrand aus, in den nahezu alle europäischen Mächte des damaligen Europa verwickelt waren. Erst als Millionen Menschen gestorben waren und der halbe Kontinent verwüstet war, konnten sich Europas Katholiken und Protestanten im Westfälischen Frieden auf eine neue Ordnung des Zusammenlebens einigen. Warum das Ringen um die richtige Konfession zu einem solchen Gemetzel führen konnte, ist heute kaum mehr nachzuvollziehen. Schwer vorstellbar auch die Not und das Elend, die der Krieg über das Land brachte. In Form eines Dokudramas lässt der Film fünf Menschen erzählen, wie sie den Dreißigjährigen Krieg erlebt und erlitten haben. Alle haben wirklich gelebt, Spuren und Zeugnisse hinterlassen und waren zugleich Opfer und Täter: der Söldner Peter Hagendorf aus Zerbst, der sich mal in dem einen und mal in dem anderen Heer verdingt; die Nonne Klara Staiger, die versucht, ihr Kloster zu retten; die Bäuerin Marta Küzinger, die ihren lutherischen Glauben heimlich lebt; der Bankier Hans de Witte, der als Calvinist die Katholischen finanziert; der Jesuitenprediger Jeremias Drexel, den der Krieg am Ende anekelt. Kontrastiert werden diese "Augenzeugenberichte" aus der Vergangenheit mit Eindrücken einer Reise durch das heutige deutschsprachige Europa. Gibt es noch Spuren von dem Konflikt von einst? Wie steht es um den Glauben heute? Renommierte Experten wie der Politikwissenschaftler Herfried Münkler oder die Historiker Georg Schmidt und Christoph Kampmann analysieren den Antagonismus von damals und fragen, ob der Dreißigjährige Krieg uns etwas über die Kriege unserer Zeit lehren kann. Das Dokudrama zum Dreißigjährigen Krieg von Stefan Ludwig ist also nicht nur einem historischen Datum geschuldet, sondern schlägt den Bogen von der europäischen Tragödie von vor 400 Jahren zu den Konflikten und Krisen heute. Der BR zeigt den Film am 31. November um 22.00 Uhr.
29.10., ARD, 23.30 Uhr: "Geschichte im Ersten: Die Versteigerer"
Neue Aktenfunde machen es möglich, eines der schrecklichsten Kapitel der deutschen Geschichte aus einer vollkommen neuen Perspektive zu erzählen. Mit der Akribie eines deutschen Beamten hat der Versteigerer Hans Klemm in Leipzig jeden Verkauf ehemals jüdischen Eigentums zwischen 1933 und 1944 dokumentiert. In unzähligen Listen sind die von den ausreisenden und deportierten Juden zurückgelassenen Gegenstände erfasst: Betten und Schränke, Tische und Stühle, Bettwäsche, Kleidung, Musikinstrumente und Spielzeug. Jeder Gegenstand wird geschätzt und dann versteigert. Als Auftraggeber fungieren damals die Geheime Staatspolizei oder die Oberfinanzdirektion, die das Geld zugunsten der Reichskasse einziehen. Doch auch der Versteigerer selbst erzielt gewaltige Gewinne. Zehn Prozent des Versteigerungserlöses stehen ihm zu. Die Gewinne von Hans Klemm steigen in der NS-Zeit von etwa 10.000 auf über 100.000 Reichsmark pro Jahr. Die Aktenfunde rund um den Leipziger Versteigerer Klemm waren für die beiden Filmemacher Jan N. Lorenzen und Michael Schönherr der Anlass, sich auf eine Reise durch Deutschland zu begeben. In mühseliger Recherche haben sie festgestellt: Überall, in jeder Stadt und in jedem kleinen Dorf, in dem Juden gelebt haben, sind deren Habseligkeiten meist unmittelbar nach deren Deportation unter den Hammer gekommen und dies wurde genau dokumentiert. Im mecklenburgischen Stavenhagen zum Beispiel kümmert sich der Bürgermeister persönlich um den Verkauf der Hühner und Kaninchen des "Juden Jacobssohn". In Schwerin leuchtet Elektromeister Max Kuhlmann den Verkaufsraum aus. In Lörrach bannt ein Polizeifotograf auf Zelluloid, wie im Ort eine Art Schlussverkaufsstimmung entsteht, als die Gegenstände und Möbel der deportierten Juden direkt in den Innenhöfen der Häuser versteigert werden. Und in Düsseldorf freut sich die Stadtverwaltung, dass mit dem "frei Werden der jüdischen Wohnungen" nunmehr bombengeschädigten "Volksgenossen" ein Ersatz für ihre verbrannten Sachen geboten werden kann. Mit der Zerstörung deutscher Städte im Bombenkrieg steigt der Bedarf an Einrichtungsgegenständen ins Unermessliche. Die Möbel der deutschen Juden reichen nicht mehr aus. Ab 1942 werden auch die Wohnungen der französischen und holländischen Juden geplündert, die Möbel von Spediteuren nach Deutschland gebracht: Im niedersächsischen Delmenhorst müssen extra Arbeitskräfte angeworben werden, um den Verkauf zu bewältigen. Unzählige Zeitungsannoncen künden deutschlandweit von dem makabren Geschäft. Deutlich wird: Geheim sind diese Vorgänge nicht. Oft werben die Anzeigen offen mit "Judensachen", oder Möbeln aus "nichtarischem Besitz". Jeder, der kaufte, wusste: Die Deportierten kommen nicht zurück. Die Filmemacher haben unveröffentlichtes Filmmaterial gefunden und mit Zeitzeugen gesprochen, die in ihren Kellern Möbel oder andere Gegenstände aus ehemals jüdischem Besitz bewahren. Auf der Basis dieser Recherche lässt sich die Geschichte der "Judenmöbel" erzählen: Wer hat sie bekommen? Wer hat sich an ihnen bereichert? Und wo finden sich die Dinge bis heute?
29.10., 3sat, 0.50 Uhr: "37 Grad: Mehr als satt und sauber"
"Wir sind der Lichtblick des Tages und bringen Leben in die Bude", sagt Markus (46), Altenpfleger aus Frankfurt. Trotz Belastung und schlechter Bezahlung will er nichts anderes machen.Stress, harte Arbeit, wenig Geld, all das bringt viele Altenpfleger oft an die Grenzen. Sie wollen sich kümmern und haben doch kaum Zeit für ihre Schützlinge. Die vorgeschriebene Minutentaktung der Pflege lässt nichts anderes zu als "satt und sauber". Anabel Münstermann zeigt in ihrem Film den hektischen Alltag zweier Altenpfleger, aber sie war auch dabei, wenn die beiden für ein paar Minuten am Tag Licht und Leben ins Dasein ihrer Patienten bringen, wenn sie Zuspruch und Nähe, Berührung und Verständnis verteilen. "Wir sind angewiesen, uns nur um die körperlichen Bedürfnisse zu kümmern", sagt Carmen (52). "Dabei fehlt den Patienten vor allem Nähe und Zuwendung - mehr als alles andere." Die Erfurterin arbeitet in einem Pflegeheim in Arnstadt. Markus ist bei einem mobilen Frankfurter Pflegedienst. Er sagt über seine Arbeit: "Ich weiß nicht, ob es die Dankbarkeit ist, die mir jeden Tag entgegengebracht wird, oder einfach das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, was mich in dem Job hält, obwohl die Arbeit wirklich immer anstrengender wird." Viele pflegebedürftige Patienten sind frustriert, schwach oder verwirrt. Aber es gibt auch einige, die sich tapfer in Selbstdisziplin versuchen. Eines haben fast alle gemeinsam: Die sind einsam. Oft haben sie niemand anderen als den Pfleger. Für den wiederum sind es viel zu viele Patienten, es bleibt zu wenig Zeit für den Einzelnen. Mit manchen Alten ist die Beziehung eng, so wie mit Carl (85), einem Rentner aus Bornheim. Mit ihm hat Markus früher, lange bevor er sein Patient wurde, in der Eckkneipe Fußball geguckt. Sie sind beide HSV-Fans. Carl ist auch einer der wenigen Patienten, den er duzt. Es sei wichtig, "den alten Menschen mit Respekt und Würde zu begegnen, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass sie alle einmal viel geleistet haben, dass sie Persönlichkeiten sind." Als Carl plötzlich stirbt, nimmt Markus das richtig mit. Auch weil er sieht, dass sich niemand um die Beerdigung kümmert. Es gibt nur entfernte Angehörige. Keiner kann oder will die Bestattung bezahlen. So bleiben Carls sterbliche Überreste im städtischen Bestattungsinstitut, bis die Kostenfrage geklärt ist. Carmen versucht, jedem Patienten einen persönlichen Geburtstagswunsch zu erfüllen. Frau Neumanns größter Wunsch ist ein Friedhofsbesuch. Sie will sehen, wo sie einmal begraben sein wird, möchte die Wiese der anonymen Gräber anschauen. Ein Geburtstag auf dem Friedhof unter einem blühenden Kirschbaum. Die alte Dame ist unendlich dankbar: Vielleicht ahnt sie, dass dies ihr letzter Geburtstag ist.
30.10., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Zwischen Heimweh und Harry Potter"
Schuluniform, strenge Regeln, kaum Privatsphäre: Alltag an britischen Internaten. Und doch ziehen sie immer mehr deutsche Schüler an. Das britische Privatschulsystem gilt als Garant für eine gute Ausbildung. Fast 3.000 Deutsche besuchen aktuell ein englisches Internat, 50 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Wegen des schwächelnden Pfunds sind die Internatskosten derzeit für Ausländer deutlich günstiger als zuvor. Mit 30.000 bis 35.000 Euro pro Jahr ist der Aufenthalt trotzdem immer noch ziemlich teuer. Nadja Kölling hat drei Jugendliche durch ein Schuljahr begleitet. Kai, Max und Hannah besuchen das britische Scarborough College. Kai hat sich gut ins Internatsleben integriert. Der 17-Jährige spielt Rugby; das hilft, um sich auch mit den Engländern anzufreunden. Am Ende des Schuljahres wird er seinen internationalen Abschluss machen. Kai ist ein guter Schüler, doch der Leistungsdruck ist enorm. Er weiß, dass seine Eltern viel Geld investiert haben. Das Schlimmste wäre aus seiner Sicht, "sie zu enttäuschen, während der Prüfung ein Blackout zu haben und dann alles zu versauen, so dass es sich gar nicht gelohnt hat, hierherzukommen." In Deutschland war der 15 Jahre alte Max ein mittelprächtiger Schüler, der große Schwierigkeiten hatte, sich aufs Lernen zu konzentrieren. Seine ganze Familie hat schließlich zusammengelegt, damit er das College besuchen kann. An seiner alten Schule ist er wegen extremer Faulheit "komplett untergegangen". Trotz Fremdsprache und neuem System hofft Max auf einen schulischen Neuanfang und setzt auf die rigiden Alltagsstrukturen, um die eigene Motivation in den Griff zu bekommen. Ein bisschen Angst hat er aber auch: vor dem Heimweh, das hier fast jeden irgendwann packt.
Die 17 Jahre alte Hannah hat gerade erst in Scarborough ihr neues Zuhause bezogen. Ab sofort lebt sie jetzt mit 23 anderen Mädchen aus 14 verschiedenen Nationen unter einem Dach. Sie hat keine Geschwister und hofft, dass es "cool wird, mit vielen anderen Jugendlichen zusammenzuwohnen". Dabei sind in England die Internatsregeln ausgesprochen streng. Hier erinnert wenig an das lockere Schulleben in Deutschland. Der Alltag ist durchgetaktet: um 8:00 Uhr Frühstück, 8:30 bis 16:30 Uhr Schule, dann umziehen, Abendessen und um 18:30 Uhr Haustreffen. Von 19:00 bis 20:00 Uhr Hausaufgabenzeit, ab 22:00 Uhr ist Bettruhe. Da bleibt kaum Freizeit. Am liebsten würde Hannah später in England oder Amerika Schauspiel studieren. Den Rat ihrer Eltern, eine Fächerkombination zu wählen, die ihr einen auch in Deutschland anerkannten Abschluss ermöglicht, nimmt sie nicht ernst. "37 Grad" begleitet die Jugendlichen auf dem Weg in die Selbstständigkeit.
30.10., Phoenix, 21.00 Uhr: "Geheimnisvolle Orte: Der Tempelberg in Jerusalem"
Nirgendwo sonst sind Religion, Geschichte und Gegenwart so dramatisch miteinander verflochten wie hier: der Tempelberg in Jerusalem, mythischer Ort der Menschheitsgeschichte, heiliger Ort für Juden, Christen und Muslime. Geliebt und umkämpft, Brennpunkt des Nahost-Konflikts. Der Tempelberg ist der wichtigste Ort des Judentums und zugleich der drittheiligste Ort für Muslime. Erbittert wird darum gestritten, wer welche Ansprüche auf diesen Ort hat. Archäologen könnten zumindest helfen, religiöse Legende von verbürgter Geschichte, historischen Fakten trennen. Sie fürchten, dass Israel aus der biblischen jüdischen Vergangenheit des Ortes politische, religiöse und territoriale Ansprüche für die Gegenwart und die Zukunft ableitet. So wird jeder Stein, jeder Zugang bewacht und kontrolliert. Das Gelände umfasst nur 14 Hektar, aber es sei der größte unbekannte antike Ort des Landes, meint der israelische Archäologe Ronny Reich. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen die Al-Aqsa-Moschee und die Klagemauer, Reste jüdischer Tempel unter Schichten muslimischer Bebauung. Simone Jung lässt in ihrem Film alle Seiten zu Wort kommen: den Großmufti von Jerusalem und den streng gläubigen orthodoxen Juden Jehuda Glick, den israelischen Archäologen Gaby Barkai und den palästinensischen Nazmi Jubeh. Sie besucht mit ihnen die heiligsten Stätten der Juden und der Muslime. Religiöse, politische und historische Deutungen prallen aufeinander. Der Berg ist nicht nur ein historisches und archäologisches Rätsel, er ist immer wieder auch ein aktueller politischer Stein des Anstoßes. Aber kommt es wirklich darauf an, wer zuerst da war? Mit dem Blick auf die Geheimnisse des Tempelbergs stellt der Film eine grundlegende historische Frage von höchster aktueller Brisanz, und das nicht nur für den Nahostkonflikt: Gibt es ein Verfallsdatum für Geschichte? Eine analytische Annäherung an einen geheimnisvollen Ort, der die ganze Welt in Atem hält.
30.10., Tagesschau24, 21.30 Uhr: "Die schwerste Entscheidung meines Lebens"
Als Margitta Zellmer ihre Schwangerschaft beenden ließ, galt für sie DDR-Recht. Von 1972 an konnten Frauen in der DDR bis zur zwölften Schwangerschaftswoche ohne Strafe abtreiben. Eine Regelung, die politisch akzeptiert und gesellschaftlich nicht in Frage gestellt wurde. Einzig die Kirchen kritisierten dieses Recht. Der Protestant Wolfgang Böhmer, damals Gynäkologe und später Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, war einer der Kritiker. Er kämpfte dafür, dass das liberale DDR-Abtreibungsrecht nicht in die gesamtdeutsche Gesetzgebung übernommen, sondern verschärft wurde. Nach langen, schwierigen Debatten fand der Bundestag 1992 einen Kompromiss: Danach ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche rechtswidrig, unter bestimmten Voraussetzungen jedoch straffrei. Jedes Jahr entschließen sich in Deutschland rund 100.000 Frauen, ihre Schwangerschaft abzubrechen. Gesprochen wird darüber selten. Die betroffenen Frauen schweigen aus Trauer, aus Scham und aus Angst an den Pranger gestellt zu werden. Kaum ein anderes Thema wird so emotional diskutiert, wie das Recht auf Abtreibung. Im Film erzählen zwei Frauen die Geschichte der schwersten Entscheidung ihres Lebens.
31.10., 3sat, 20.15 Uhr: "Exodus? Eine Geschichte der Juden in Europa"
Der Historiker Christopher Clark ist auf dem Weg zu bedeutenden Schauplätzen in Europa und im Nahen Osten, er sucht nach Zeugnissen jüdischer Geschichte und antisemitischer Verfolgung. Auf seiner Spurensuche spannt er den Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart. Die Geschichte der Juden ist nicht nur eine der Verfolgung. Gero von Boehm beschreibt in seiner Dokumentation auch die Errungenschaften, mit denen das Judentum Europas Kultur bereichert hat. In ihren europäischen Heimatländern haben Juden erheblich zur Blüte der Kunst, des Geisteslebens, der Wissenschaft und Wirtschaft beigetragen. Clarks Zeitreise zeigt, welche Traditionen das Judentum in Europa hinterlassen und welche Werte es geprägt hat. In dem Film geht es aber auch um eine Momentaufnahme des Antisemitismus in Europa und um die Darstellung seiner Traditionen. Warum werden Juden immer wieder Opfer von Angriffen? Wo ist jüdisches Leben unangefochten und unbehelligt? 80 Jahre nach den Novemberpogromen 1938 und mit Blick auf aktuelle antisemitische Vorfälle geht Christopher Clark diesen Fragen nach. Der Historiker spricht mit Betroffenen, Angehörigen jüdischer Gemeinden, Zeitzeugen sowie mit gesellschaftlichen und politischen Akteuren, die sich heute um Verständigung bemühen und begibt sich an Brennpunkte, wo gegenwärtig antisemitische Parolen laut werden.
31.10., 3sat, 22.25 Uhr: "Das Luther-Tribunal"
Was sich in Worms im April 1521 ereignete, zählt zu den Schlüsselmomenten deutscher Geschichte: Martin Luther sollte vor Kaiser und Reich seine Lehren widerrufen. Der Film rekonstruiert nicht nur die dramatischen Stunden vor der Versammlung der Mächtigen, er führt auch vor Augen, warum der ungleiche Kampf ausging, wie er ausging, und wie Luther zur Figur einer Zeitenwende wurde. Das Dokudrama lädt die Zuschauer mit seiner Mischung aus Spielszenen (mit Roman KNizka als Luther) und Erläuterungen von Historikern ein, den historischen Moment nachzuerleben und seine Bedingungen zu verstehen. Gleichzeitig erzählt der Film eine moderne Geschichte: Es ist der Einzelne, der sich von Zwängen befreit und für seine Überzeugung einsteht. Dabei beruft er sich auf sein Gewissen und seinen Glauben. Der zeitliche Rahmen des Films wird durch Ankunft und Abreise Luthers gesetzt, die zehn Tage im April 1521 bilden den dramaturgischen Leitfaden. Mittelpunkt der Inszenierung ist der Prozess selbst, der historisch hervorragend belegt ist. Die Innenstadt von Worms füllte sich zur Zeit des Reichstags mit Tausenden Menschen, mehr als doppelt so viele, wie die Stadt sonst Einwohner hat. Die Szenerie wird als räumliches Computermodell rekonstruiert. Virtuelle Kameraflüge führen zu den Schauplätzen des Geschehens. Führende Luther-Experten bringen den neuesten Forschungsstand in das Projekt ein.
31.10., BR, 19.00 Uhr: "Stationen: Alles evangelisch - Kinder und Enkel der Reformation"
In Deutschland stehen sie im Schatten von Martin Luther, erst recht nach dem groß gefeierten 500. Jahrestag seines Thesenanschlags. In anderen Teilen der Welt sind sie zahlreicher: die Baptisten und Methodisten, die Quäker und Reformierten. "Stationen" stellt anlässlich des Reformationstages bayerische Kinder und Enkel der Reformation vor und fragt sie nach ihren Traditionen, ihren Überzeugungen und dem Glauben, der ihr persönliches Leben prägt. Moderatorin Irene Esmann ist in den Markgrafenkirchen in Oberfranken unterwegs, die ein ganz besonderes Kapitel der Kirchengeschichte in Bayern erzählen.
31.10., BR, 23.30 Uhr: "Luther"
Der Film erzählt die dramatische Lebensgeschichte des Theologen Martin Luther (Joseph Finnies), der vor fünfhundert Jahren mit der Verbreitung seiner Thesen die katholische Kirche in Aufruhr versetzte. Von Papst Leo X. exkommuniziert und von Kaiser Karl V. geächtet, wird Luther zum Ketzer erklärt. Im Volk finden seine Thesen derweil immer mehr Zuspruch. Daraus erwächst ein blutiger Bauernaufstand, der weder in Luthers Sinn ist noch eine Chance auf Erfolg hat. Aber trotz solcher Rückschläge geht für den idealistischen Luther der friedliche Kampf für die Reformation weiter. "Luther" (entstanden 2003) war einer der großen Überraschungserfolge in den deutschen Filmtheatern. Über drei Millionen Besucher wollten die preisgekrönte, von der Kritik gelobte Filmbiografie des wegweisenden Theologen sehen. Neben dem exzellenten Drehbuch und einer mitreißenden Inszenierung profitiert der Film vor allem von seinem Darsteller-Ensemble: Mit Joseph Fiennes, Sir Peter Ustinov, Uwe Ochsenknecht und Bruno Ganz kann der Film eine internationale Starbesetzung vorweisen.
31.10., SWR, 20.15 Uhr: "betrifft: Die letzte Entscheidung - Wie sich die Bestattungskultur wandelt"
Die Bestattungskultur in Deutschland wandelt sich rasant. Online-Bestattungshäuser rollen den Markt auf und fahren offensive Werbekampagnen, Discount-Bestatter unterbieten sich im Preis. Gleichzeitig etablieren sich "alternative" Bestatter, die mit einem besonders würdevollen Umgang mit den Toten werben. Alles ist möglich: vom angeblich aus der Asche gepressten Diamant bis zum QR-Code auf dem Grabstein. Kleine, traditionelle Bestattungshäuser müssen Schritt halten. Da Feuerbestattungen längst den Erdbestattungen den Rang abgelaufen haben und immer Menschen ihre Asche lieber im Friedwald, auf hoher See oder in den Schweizer Bergen verstreut sehen wollen, verändern auch die Friedhöfe ihr Aussehen. Immer mehr freie Flächen entstehen, Friedhofsplaner versuchen, der neuen Nachfrage gerecht zu werden. Und was heißt das alles für die Angehörigen? Haben sie vor lauter Angebotsvergleichen überhaupt noch Zeit zu trauern? Die Gesellschaft ist im Wandel und mit ihr die Art, wie sie um ihre Toten trauert und sie unter die Erde bringt. Wenn die Toten überhaupt noch unter die Erde kommen. Helena Offenborn und Kerstin Pasemann machenn eine Reise in eine Welt, die irgendwann jedem bevorsteht.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
31.10., SWR, 21.00 Uhr: "Sterben unter fremdem Himmel"
"Ich bin eigentlich ein echter Schwabe, aber bei mir werden sie alle würdig beerdigt, die Christen genauso wie die Hindus, Buddhisten oder Moslems": Bestatter Helmut Ramsaier aus Stuttgart kennt sich mit den Riten und Trauerkulturen aller großen Religionen aus. Menschen wie er werden immer wichtiger in Deutschland. Inzwischen leben hier mehrere Millionen Anhänger nichtchristlicher Religionen. Wenn sie sterben, möchten viele nach den Traditionen ihres Glaubens bestattet werden. Die deutschen Gesetze lassen manches nicht zu. Hindus zum Beispiel wollen die Asche ihrer Verstorbenen im Fluss verstreuen, aber das ist in Deutschland nicht erlaubt. Die Moslems möchten ihre Verstorbenen innerhalb eines Tages beerdigen, und auch das ist nicht so einfach umzusetzen. Ramsaier hat aber das Gefühl, dass sich die Lage verbessert: "Die Behörden werden flexibler, aber auch die Gläubigen passen sich an". Das sehen auch der muslimische Sterbebegleiter und Leichenwäscher Jaaffar Dahasse aus Böblingen und der hinduistische Totenpriester Kathirga Kantharajah ähnlich. Stefan Lütke-Wissing hat alle drei bei ihrer wichtigen Arbeit rund um den Tod begleitet. Er war auf hinduistischen Totenfeiern und hat hautnah erlebt, dass muslimische Verstorbene inzwischen ohne Sarg bestattet werden dürfen.
31.10., MDR, 1.15 Uhr: "Katharina Luther"
Die Idee ist ebenso ungewöhnlich wie reizvoll: Anlässlich des Luther-Jahres zeigt die ARD einen Film, in dem der große Reformator bloß die wichtigste Nebenrolle einnimmt. Tatsächlich taucht Martin Luther erst auf, als seine berühmten Thesen schon einige Jahre alt sind; der Reformationsprozess ist längst im Gang. Titelfigur Katharina von Bora, von Karoline Schuch sehr glaubwürdig verkörpert, ist eine seiner Anhängerinnen. Die junge Frau ist als Kind vom Vater in ein Kloster gesteckt worden. Dank der revolutionären Gedanken Luthers (Devid Striesow) erkennt sie, dass sie ihr Leben hinter den Klostermauern verschwendet. Mit einigen anderen Nonnen flieht sie nach Wittenberg, nicht ahnend, dass das einfache Volk sie und die Mitschwestern wie Aussätzige behandeln wird. Erst an der Seite Luthers findet sie ihren Platz in der Welt. Dank einiger romantischer Momente wird das historische Drama stellenweise zur Hommage an die Liebe zwischen zwei großen Persönlichkeiten. Trotzdem hat Drehbuchautor Christian Schnalke darauf verzichtet, die sich anbahnende Beziehung zwischen dem etwas weltfremd wirkenden Theologieprofessor und der klugen Ex-Nonne als typische Fernsehfilmromanze zu erzählen. Luthers tiefe Liebe zu seiner Frau ist belegt, aber Schnalke und Regisseurin Julia von Heinz betten die Beziehung in einen eher sachlich-symbiotischen Rahmen: Während der Reformator wie besessen in seiner Arbeit aufgeht, regelt seine Frau die weltlichen Dinge. Ebenso interessant wie der erzählerische Ansatz ist das ästhetische Konzept: In dem Bemühen, die Ereignisse konsequent aus Katharinas Perspektive zu zeigen, verzichtet der Film auf Totalen und Tiefenschärfe und heftet sich stattdessen konsequent an die Fersen der Hauptfigur, weshalb die Kamera immer wieder mal durch die Gegend irrlichtert; eine echte Herausforderung fürs Produktionsdesign, weil wirklich jedes Detail stimmen musste. Auf ganz ähnliche Weise setzt sich das Drama mit Luther auseinander. Schnalke verzichtet darauf, den Reformator zu verklären, und verhehlt auch seinen Antisemitismus nicht. Da die eigentliche Handlung erst 1522 beginnt, werden die Thesen allenfalls am Rande erwähnt. Im Zentrum steht dafür Luthers Haltung zum Bauernkrieg: Seine Aufforderung, die Fürsten sollten den Aufstand der Bauern mit aller nötigen Gewalt niederschlagen, führt zu finsteren Visionen. Sie sind ebenso harmonisch in die Geschichte integriert wie Katharinas albtraumartige Angst, ihr erstes Kind werde ein "Teufelsbalg", oder die tiefe Trauer des Paares um die früh verstorbene Tochter. Dennoch ist "Katharina Luther" ist das Porträt einer für ihre Zeit geradezu revolutionär denkenden und handelnden Frau, die früh entdeckt, dass es kein wahres Leben im falschen gibt.
1.11., Arte, 18.30 Uhr: "Der ewige Garten"
Wer den Pariser Friedhof Père Lachaise betritt, findet mitten in der lärmenden Großstadt eine Oase der Stille, einen Ort der Besinnung, einen Flecken Natur. Die Dokumentation erkundet die 44 Hektar große Anlage, die jährlich drei Millionen Menschen anzieht, mit ihren verborgenen Winkeln, ihrer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt und den Menschen, die täglich dort zu tun haben. Gärtner, Ornithologen, Besucher, Bildhauer und Geschichtsbegeisterte, Stammbesucher und Touristen: Sie alle haben ein persönliches Verhältnis zu diesem Friedhof, auf dem Berühmtheiten wie Marcel Proust, Frédéric Chopin und Jim Morrison begraben sind. Père Lachaise ist nicht nur eine Stätte der Ruhe und des Gedenkens, sondern auch ein Refugium für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, die hier im Rhythmus der Jahreszeiten leben. Ein Ort der Vergänglichkeit und zugleich ein ewiger Garten.
1.11., MDR, 22.35 Uhr: "Nah dran - Das Magazin für Lebensfragen: Die Geister, die ich rief"
Schon immer waren Menschen fasziniert von Dingen und Geschehnissen, die sie sich nicht erklären konnten. Doch sind Wunder tatsächlich auf eine übersinnliche Kraft zurückzuführen? Im Zeitalter der Wissenschaft sind wir uns sicher: Jedes Rätsel kann gelöst werden. Doch ist das wirklich so einfach? Zwischen Glauben und Wissenschaft sucht die Sendung nach Erklärungen: Nahtoderfahrung, Spontanheilung, Seelenwanderung, Auferstehung - gibt es das wirklich? Anja Koebel begibt sich auf geheimnisvolle Expedition und stellt Menschen vor, die Unerklärliches erlebt haben.
1.11., Tagesschau 24, 21.45 Uhr: "Re: Kickboxen gegen Hass"
Wer Kampfsport trainiert, muss zielstrebig und diszipliniert sein. Und er lernt, Respekt vor dem Gegner zu haben, sagt Karim Mabrouk, 24, mehrfacher österreichischer Staatsmeister im Thaiboxen. Kampfsport gegen Gewalt und radikale Gedanken: Das ist der Ansatz der Wiener Initiative "Not in God’s Name", die Karim zusammen mit anderen gegründet hat. Die überwiegend muslimischen Kampfsport-Idole wollen Vorbilder sein, gehen an Schulen, geben kostenlose Trainings, hören Jugendlichen zu. In den Kampfsport-Clubs, genau da, wo Dschihadisten ihren Nachwuchs rekrutieren, setzen sie an. Mit Erfolg. Andere Länder wollen ihr Deradikalisierungs-Projekt übernehmen.
Nur im eigenen Land, in Österreich, war es schwierig, Unterstützung von der Politik zu bekommen und Sponsoren zu finden. Die meisten Mitglieder von "Not in God´s Name" arbeiten immer noch ehrenamtlich. Und sie sind skeptisch, wie es jetzt nach dem Rechtsruck in Österreich weiter geht. Eines ist für sie allerdings klar: Aufgeben kommt nicht in Frage.