Zum 57. Jahrestag des Berliner Mauerbaus ist am Montag in Berlin und Ostdeutschland der Opfer der innerdeutschen Teilung gedacht worden. In den 28 Jahren zwischen dem Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961 und dem Mauerfall am 9. November 1989 kamen an der einstigen, knapp 1.400 Kilometer langen deutsch-deutschen Grenze laut dem SED-Forschungsverbund der Freien Universität Berlin insgesamt 467 Menschen aus Ost und West ums Leben. 140 von ihnen starben direkt an der Berliner Mauer.
An der zentralen Gedenkfeier in der Hauptstadt nahmen in der Gedenkstätte Berliner Mauer unter anderem der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, Kultursenator Klaus Lederer (beide Linke), der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland (SPD), und US-Botschafter Richard Grenell teil. Nach einer Gedenkandacht in der Kapelle der Versöhnung legten sie Kränze für die Mauertoten nieder.
Mauerbau habe das Herz der Stadt zerteilt
Der Bau der Mauer am 13. August 1961 habe in das Herz der Stadt geschnitten und Familien, Freund- und Nachbarschaften für 28 Jahre zerrissen, sagte der Pfarrer der Evangelischen Versöhnungsgemeinde, Thomas Jeutner, in der Andacht. "Mit diesem Tag begann die lange Reihe der Opfer, derer wir heute gedenken und um die wir trauern."
In Brandenburg riefen bei einer Gedenkfeier an der Glienicker Brücke zwischen Potsdam und dem einstigen West-Berlin Landtagspräsidentin Britta Stark und Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD) dazu auf, die Opfer der deutschen Teilung und des DDR-Grenzregimes in Erinnerung zu behalten und für Demokratie und Freiheit einzutreten. Von Deutschland sei der schrecklichste Krieg in der Weltgeschichte ausgegangen, sagte Woidke: "Die Folgen waren deutsche Teilung und Kalter Krieg." Deutschland habe die Teilung friedlich überwunden und sich zu einer demokratischen, starken Gesellschaft in der Mitte Europas entwickelt. Das Feld dürfe nun nicht "den Hasspredigern und den Engstirnigen" überlassen werden, sagte Woidke.
Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, warnte davor, Mauerbau und deutsche Teilung in Vergessenheit geraten zu lassen. Für die Gesellschaft sei es hilfreich zu wissen, "dass am 13. August 1961 Unrecht in Beton gegossen wurde", sagte Jahn der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" am Montag. Der ehemalige DDR-Bürgerrechtler plädierte dafür, Kinder und Jugendliche mit Zeitzeugen in Kontakt zu bringen und ihnen die historischen Orte zu zeigen.
Der Berliner Stasi-Forscher Ilko-Sascha Kowalczuk beklagte in der "Berliner Zeitung" am Montag einen Rechtsruck in Ostdeutschland und Osteuropa. Er sei fassungslos, dass gerade jene, die am meisten vom Fall der Mauer in Europa profitierten - Ostdeutsche, Polen, Tschechen, Ungarn, Slowaken - am lautesten nach neuen Mauern riefen, sagte der Projektleiter in der Forschungsabteilung der Stasi-Unterlagenbehörde.
In der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn (Sachsen-Anhalt) eröffnete am Montag eine Ausstellung über die politische Verfolgung in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR. Die bis 24. September laufende Schau zeigt die Schicksale von Deportierten und Internierten in deutschen und osteuropäischen "Speziallagern", politischen Häftlingen in DDR-Zuchthäusern und zwangsausgesiedelten Menschen an der innerdeutschen Grenze.