Kohlegegner haben in Pödelwitz südlich von Leipzig das Braunkohlekraftwerk Lippendorf und ein Förderband des Braunkohletagebaus "Vereinigtes Schleenhain" blockiert. An den bis zum Samstagabend dauerten Sitzblockaden beteiligten sich laut einer Sprecherin der Aktionsgruppe "Kohle erSetzen" etwa 350 Personen, die die vier Zufahrten zu dem Kraftwerk abriegelten. Die Polizei sprach von einem weitgehend friedlichen Verlauf und ließ am späten Nachmittag eine der Sitzblockaden räumen, um die Versorgung des Kraftwerkes zu gewähren, wie es hieß.
Nach Angaben der Umweltaktivisten hatten Polizisten bereits zuvor Pfefferspray eingesetzt, um Demonstranten von dem Kraftwerksgelände fernzuhalten. Die Polizei sprach von notwendigen Zwangsmaßnahmen.
Die Aktionen waren Höhepunkt eines einwöchigen Klimacamps mit etwa 1.000 Teilnehmern in dem von Abbaggerung bedrohten Dorf, das am Sonntag mit einem Umweltgottesdienst endete. Mit den Blockaden und Demonstrationen forderten die Protestierenden den Ausstieg aus dem Braunkohleabbau und warben für eine alternative Energiepolitik.
Am Samstagvormittag hatten sich zunächst fünf Demonstranten an ein Kohle-Förderband gekettet, das deswegen vorübergehend gestoppt werden musste. Die fünf Umweltaktivisten wurden später von Polizeibeamten von dem Förderband getrennt und vorübergehend in Gewahrsam genommen.
Auch mit den parallel stattfinden vier Sitzblockaden sollte der Kraftwerksbetrieb zum Erliegen gebracht werden. Am späten Samstagnachmittag löste die Polizei schließlich eine der Blockaden auf, nachdem die Demonstranten sich weigerten, die Zufahrt freiwillig zu verlassen. Eines der Tore musste für die notwendige Ein- und Ausfahrt freigehalten werden, um den Schichtwechsel und den Versorgungsauftrag des Kraftwerks zu gewähren, erklärte die sächsische Polizei auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Ansonsten habe die Versammlungsbehörde "das Protestgeschehen als vom Versammlungsrecht gedeckt eingeschätzt", hieß es. An einer Fahrraddemonstration durch das Bergbaurevier beteiligten sich nach Veranstalterangaben zudem etwa 150 Menschen.
In dem Umweltgottesdienst am Sonntag warnte der langjährige Pfarrer der Leipziger Thomaskirche, Christian Wolff, vor der Zerstörung der Schöpfung durch den Braunkohleabbau und vor menschlicher Selbstgerechtigkeit. Wenn der Mensch sich zur letzten Instanz aufschwinge und sich zum Herrn über Himmel und Erde und über die Moral erkläre, werde es gefährlich, sagte Wolff in seiner Predigt. "Denn dann beginnt die Bereitschaft, über Leichen zu gehen und die Schöpfung Gottes zu zerstören." Diese sei aber "nicht unser Eigentum", sondern uns anvertrautes Gut, mit dem wir verantwortlich umzugehen haben".
Pödelwitz liegt am Rand des Tagebaus "Vereinigtes Schleenhain" und soll nach Plänen der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft voraussichtlich von 2026 an der Kohleförderung weichen und abgebaggert werden. Rund 100 Dorfbewohner wurden bereits umgesiedelt. 27 Verbliebene um die Bürgerinitiative "Pro Pödelwitz" weigern sich bislang, ihre Heimat zu verlassen.