"In den kommenden Jahren muss es uns gelingen, HIV nicht als gesondertes Problem zu sehen", sagte Gisela Schneider, Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (Difäm), dem Evangelischen Pressedienst (epd) zum Auftakt der Welt-Aids-Konferenz in Amsterdam. Stattdessen sollten die lokalen Gesundheitssysteme so aufgebaut werden, dass vor Ort alle Menschen mit HIV gut versorgt werden könnten, fordert Schneider, die auch Mitglied des Sprecherkreises des Aktionsbündnisses gegen Aids ist.
Die Immunschwäche ist immer noch eine tödliche Bedrohung. Im vergangenen Jahr starben 940.000 Menschen weltweit an Aids. 36,9 Millionen Männer, Frauen und Kinder sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem HI-Virus infiziert. Drei Viertel der Infizierten leben in Afrika südlich der Sahara. Die internationale Gemeinschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, die Aids-Epidemie bis 2030 zu überwinden.
Das bedeute, dass bis dahin die Übertragung von HIV deutlich verringert werde, dass niemand mehr an den Folgen von HIV sterbe und Patienten nicht mehr diskriminiert würden, erläuterte Schneider. "Das Ziel war immer sehr ambitioniert, und wer die Situation an der Basis kennt, weiß, dass es schwierig wird," betonte sie vor Beginn der größten Konferenz zum Thema HIV und Aids. "Dennoch sollte es der politische Ansporn sein, HIV nicht zu vergessen, sondern weiter dieses Problem aktiv anzugehen."
In den vergangenen Jahren habe es unglaubliche Fortschritte in der Behandlung gegeben, sagte die Expertin. Rund 21 Millionen Menschen haben heute Zugang zu Medikamenten. Sie senken die Viruslast im Blut und verringern damit auch die Übertragung. Die Übertragungsraten gingen zurück, sagte Schneider - allerdings zu langsam. "In Osteuropa steigt die Infektionsrate sogar und das macht uns sehr besorgt."
Um weitere Fortschritte zu erzielen, seien unter anderem Präventionsprogramme nötig, die an die lokale Situation angepasst sind. "HIV ist inzwischen eine chronische Krankheit und so sollten die Bemühungen dazu beitragen, dass Gesundheitssysteme allgemein gestärkt werden und wir langfristig die Behandlung und den Zugang zur Prävention sicherstellen können", forderte Schneider.
Auf der Aids-Konferenz beraten rund 15.000 Experten und Betroffene bis Freitag darüber, wie die Immunschwächekrankheit besser behandelt und ihre Ausbreitung verhindert werden kann. Die Welt-Aids-Konferenz findet seit 1985 alle zwei Jahre statt. In diesem Jahr steht das Recht auf Zugang zu medizinischer Versorgung im Fokus.