Die deutsche Regelung, dass eine Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche "rechtswidrig, aber straffrei" sei, finde er ethisch überaus bedeutsam, sagte Dabrock dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bringe sie doch zum Ausdruck: Ein Schwangerschaftskonflikt sei zwar nicht mit den Mitteln des Rechts zu lösen, aber trotzdem müssten solche Fälle rechtlich geregelt sein. Wenn einmal menschliches Leben da sei, komme diesem auch Schutz zu. Dieser Schutz könne in der Schwangerschaft aber nicht gegen die werdende Mutter durchgesetzt werden.
Es sei einerseits intuitiv nachvollziehbar, dass man für eine rechtswidrige Tat nicht werben dürfe, betonte der evangelische Theologe und Ethiker. Auf der anderen Seite müssten Frauen aber auch Informationsmöglichkeiten für Schwangerschaftsabbrüche bekommen können - jenseits von "spektakulärer, sich inszenierender Werbung". Die Politik müsse nun überlegen, wie sie dies gewährleisten könne, ohne "die Architektur der Schwangerschaftskonfliktregelung um den Paragrafen 218" aufzugeben.
Streichung, Überarbeitung oder Erhalt
Angestoßen hatte die Debatte über die Informationsrechte von Frauen ein Gerichtsurteil gegen eine Gießener Ärztin vom November 2017. Sie wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie auf der Webseite ihrer Praxis über die Durchführung von Abtreibungen informiert hatte. Dem Bundestag liegen Anträge zur Streichung oder Überarbeitung des entsprechenden Paragrafen 219a vor, der Werbung für Abtreibungen in grob anstößiger Weise oder des Vermögensvorteils wegen unter Strafe stellt. Linkspartei, Grüne und SPD wollen den Paragrafen ganz abschaffen. Die SPD verhandelt mit der Union über einen Kompromiss. CDU und CSU wollen am Werbeverbot festhalten.
Dabrock plädiert noch aus einem anderen Grund für den Erhalt des Status quo: Derzeit gebe es drei Debatten zu Themen rund um das frühe menschliche Leben - neben dem Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche seien dies die Pränataldiagnostik und das Embryonenschutzgesetz. "Gewinnt bei möglichen Neuregelungen eine Gruppe in einem Bereich, wird es vermutlich einen gegenteiligen Effekt im anderen Bereich geben", warnte Dabrock. Doch so hochsensible Themen dürften nicht dazu benutzt werden, um daran gesellschaftliche Konflikte zu inszenieren.
Nach bisheriger Gesetzeslage dürfen Frauen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nach einer Pflichtberatung straffrei abtreiben. Ein späterer Abbruch ist in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn die Ärzte mithilfe der Pränataldiagnostik von einer Behinderung des Kindes ausgehen und dadurch die körperliche und seelische Gesundheit der Mutter beeinträchtigt würde. Gegner der Pränataldiagnostik wenden ein, dass durch immer genauere Untersuchungen Druck auf die werdenden Eltern entstehe, Föten abzutreiben, bei denen eine Behinderung diagnostiziert wird.