Beiträge für Kindertagesstätten belasten einer Elternbefragung zufolge arme Haushalte stärker als wohlhabende Familien. Haushalte unterhalb der Armutsrisikogrenze müssen demnach einen fast doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens für den Kita-Beitrag aufbringen wie besser gestellte Familien. Eine Beitragsfreiheit würde pro Jahr rund 7,3 Milliarden Euro kosten, erklärte die Bertelsmann Stiftung am Montag in Gütersloh bei der Vorstellung der Studie. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sprach sich für stärkere Entlastungen der Eltern aus. Der Städtetag verwies darauf, dass die Kommunen dafür nur wenig Spielraum hätten.
Eltern mit weniger als 60 Prozent eines durchschnittlichen Einkommens zahlen der Untersuchung zufolge etwa zehn Prozent davon für den Kita-Besuch ihrer Kinder. Das sind monatlich durchschnittlich 118 Euro. Besser gestellte Eltern zahlten zwar im Durchschnitt 178 Euro, das seien jedoch nur rund fünf Prozent ihres Einkommens, hieß es. Auch bei den Zusatzkosten, etwa für Ausflüge, Verpflegung oder Bastelmaterialen, würden ärmere Haushalte mehr als doppelt so stark belastet wie wohlhabendere, erklärten die Autoren der Studie. Für die Untersuchung wurden über ein Internetportal rund 4.670 Befragungen vorgenommen. Zudem wurden etwa 5.800 Eltern über Aushänge in Kindertagesstätten sowie über Anzeigen in Zeitschriften für die Umfrage herangezogen.
Bundesländer erheben Kita-Beiträge sehr unterschiedlich
Trotz der Belastung durch Kita-Beiträge und Zusatzgebühren wäre die Mehrheit der Eltern der Umfrage zufolge unabhängig vom Einkommen bereit, für eine bessere Qualität noch höhere Kita-Beiträge zu bezahlen, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Für eine generelle Beitragsfreiheit müsste der Staat Berechnungen der Stiftung zufolge jährlich rund 5,7 Milliarden Euro aufbringen, für Zusatzgebühren weitere 1,6 Milliarden Euro. Derzeit verfügen den Angaben zufolge 17 Prozent der Eltern über ein Haushaltseinkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze. Zwei Drittel von ihnen zahlen Kita-Beiträge.
Bei der Erhebung von Kita-Beiträgen gibt es zwischen den Bundesländern der Umfrage zufolge große Unterschiede. In Berlin gebe es weitgehend Beitragsfreiheit. Die Gesamtkosten für die Betreuung mit Kita-Beiträgen und Zusatzgebühren machten dort nur rund zwei Prozent eines durchschnittlichen Haushaltseinkommens von Eltern mit betreuten Kindern aus. Zugleich sei der Personalschlüssel in Berlin deutlich schlechter als im Bundesdurchschnitt. In Baden-Württemberg seien die Personalschlüssel hingegen bundesweit die besten. Dort beteiligen sich Eltern mit rund sieben Prozent eines durchschnittlichen Haushaltseinkommens an der Kita-Finanzierung.
Familienministerin Giffey will beitragsfreie Kitas schaffen
Familienministerin Giffey erklärte, der Besuch einer Kindertagesstätte dürfe nicht vom Einkommen der Eltern abhängen. "Eine zentrale Säule unseres Gute-KiTa-Gesetzes ist deshalb der Einstieg in die Beitragsfreiheit", sagte Giffey in Berlin. In dieser Wahlperiode würden 3,5 Milliarden Euro in die Kinderbetreuung fließen. Der Deutsche Städtetag unterstrich, entscheidend für eine Entlastung der Eltern sei es, ob Bund und Länder bereit seien, die "Einnahmeausfälle der Städte zum großen Teil zu übernehmen und gleichzeitig mehr Geld für eine bessere Qualität auszugeben". Öffentliche Mittel des Bundes, die für eine Befreiung von Beiträgen eingesetzt werden, dürften nicht beim weiteren Ausbau und bei der Verbesserung der Qualität fehlen.
Die Arbeiterwohlfahrt appellierte, Gebührenfreiheit und Qualität nicht gegeneinander auszuspielen. "Um die in Kindertagesstätten gestellten Erwartungen erfüllen zu können, brauchen diese mehr Personal, freigestellte Leitungen und gute fachliche Begleitung", erklärte der Bundesvorsitzende der AWO, Wolfgang Stadler, in Berlin. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Mittel von 3,5 Milliarden Euro würden dafür nicht ausreichen.
Die Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder warnte vor einem "Schnellschuss" bei der Kita-Beitragsfreiheit. Die Bundesländer sollten keine Wahlgeschenke auf Kosten der Kita-Qualität machen, sagte der Vorsitzende Carsten Schlepper in Bremen.