"Eine Distanzierung konnte es nicht geben, denn in der Sache sehe ich dazu keine Notwendigkeit", sagte Rekowski der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitag). "Für uns ist wichtig, auch die Seite der Palästinenser zu betrachten. Wir stehen da zwischen den Stühlen, und das ist schwer, aber an dieser Stelle dürfen wir es uns nicht einfach machen."
Aus Ärger über einen kritischen Beitrag über die Staatsgründung Israels in der Arbeitshilfe hatte der Landesverband der jüdischen Gemeinden von Nordrhein am Dienstag eine gemeinsame Israel-Reise mit Spitzenvertretern der Evangelischen Kirche im Rheinland abgesagt. Die Arbeitshilfe der rheinischen Kirche mit dem Titel "70 Jahre Staat Israel. Ein Termin im christlichen Kalender?" enthält neben Liedern und Gebeten für Gottesdienste auch einen Beitrag des Ruhestandspfarrers Rainer Stuhlmann. Er war von 2011 bis 2016 Studienleiter im christlichen Dorf Nes Ammim im Norden Israels, das Ziel der gemeinsamen Reise sein sollte.
Stuhlmann schreibt in der Arbeitshilfe, die Errichtung des Staates Israel sei für Christen ein Grund zur Dankbarkeit und zum Feiern. Zugleich kritisiert er die israelische Siedlungspolitik und schreibt, die Staatsgründung habe für die Juden zwar Schutz, Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden gebracht, für die Palästinenser aber "Vertreibung, Zerstörung, Zwang und Unrecht".
Der Vorstandsvorsitzende des jüdischen Landesverbandes, Oded Horowitz, nannte den Beitrag eine "Verunglimpfung des Staates Israels als brutale Besatzungsmacht". Die Unterschlagung historischer Fakten sei "für uns nicht hinnehmbar". Insgesamt hinterlasse der Text "einen faden Beigeschmack antizionistischer Stereotype", erklärte Horowitz.
Präses Rekowski wies die Vorwürfe zurück. "Man kann diesen Text nicht als israel-feindlich verstehen, wenn man in Rechnung stellt, wofür Stuhlmann steht", betonte er. Zugleich äußerte er erneut sein Bedauern über die abgesagte Reise. "Für uns ist das eine traurige Erfahrung und ausgesprochen bitter." Die Reise wäre seiner Ansicht nach eine einmalige Chance gewesen, "sich trotz unterschiedlicher Sichtweisen auf die politische Situation im Nahen Osten menschlich anzunähern und zu verständigen".