Urnenbegräbnisstätten innerhalb von Kirchen sind nach einer Studie der Universität Rostock immer noch ein neuer Trend. Die Zahl der Menschen, die sich für eine letzte Ruhestätte in den sogenannten Kolumbarien entscheiden, liege bisher noch in einem geringen Bereich, sagte der Rostocker Theologieprofessor Thomas Klie am Freitag in Hannover. "In der Regel sind es gebildete Menschen, die sich lange mit ihrem Tod beschäftigt und bewusst für eine solche Grabstätte entschieden haben." Ausschlaggebend sei für viele ein biografischer Bezug zu der jeweiligen Kirche, aber auch das Gefühl, in einem ordentlichen, geschützten und durch Veranstaltungen noch belebten Raum bestattet zu werden.
In Deutschland gibt es nach Angaben der Wissenschaftler rund 40 Begräbnisstätten, in denen die Urnen etwa in Wänden oder Stelen ihren Platz finden. Oftmals werden dabei nicht mehr benötigte Kirchen neu genutzt. Die Rostocker Wissenschaftler haben für die von der hannoverschen Hanns-Lilje-Stiftung geförderte Studie in vier niedersächsischen Kolumbarien unter anderem Angehörige der Verstorbenen befragt oder Menschen, die sich bereits zu Lebzeiten für die Bestattung ihrer Urne in einer Kirche entschieden haben.
In 23 Interviews erfragten sie Klie zufolge vor allem die Gründe, aus denen sich Menschen für eine solche Bestattung entscheiden. Dabei gehe es nicht allein darum, Angehörigen eine Grabpflege zu ersparen. Vielmehr seien ein Heimatgefühl und Ereignisse in der Familiengeschichte wie eine Taufe oder Hochzeit in der jeweiligen Kirche große Motive. Zudem sei es vielen wichtig, dass in den Kirchen weiter Leben herrsche. So böten einzelne Kolumbarien etwa musikalische Veranstaltungen oder auch Trauercafés für Angehörige an. Auch Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod verbänden sich mit dem Wunsch nach einem Grab im Kolumbarium.
Laut dem Geschäftsführer der Hanns-Lilje-Stiftung, Christoph Dahling-Sander, überlegten zunehmend Gemeinden, nicht mehr genutzte Kirchen zu Kolumbarien umzuwandeln. Theologieprofessor Klie mahnte jedoch, für eine erfolgreiche Arbeit müssten Kolumbarien Netzwerke knüpfen etwa zur Hospizarbeit, Schulen oder kulturellen Einrichtungen. "Eine Kirche mal schnell umwidmen, geht nicht. Es bedarf eines langen Planungszeitraumes."
Die bundesweit erste Begräbniskirche entstand 2004 in einer katholischen Kirche in Krefeld. In Niedersachsen wurde 2010 in der katholischen Herz Jesu Kirche in Hannover-Misburg die erste Urnenkirche eingeweiht. Die übrigen drei untersuchten Kolumbarien in Hannover, Hoheneggelsen bei Hildesheim und Wolfsburg-Ehmen sind den Angaben zufolge in Trägerschaft der evangelischen Kirche. Von den insgesamt 2.430 Begräbnisplätzen in den vier Kirchen sind derzeit 570 belegt und rund weitere 700 reserviert.