Hoffnung auf weitere Fortschritte in der Ökumene, Bilanz des 500. Reformationsjubiläums und ein selbstkritischer Blick auf kirchliche Äußerungen zur Flüchtlingspolitik: Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat am Sonntag in Bonn ihre Beratungen aufgenommen. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm betonte die gewachsene Nähe von Protestanten und Katholiken. Zwar gebe es weiterhin "gewichtige Hürden auf dem Weg zu einer sichtbaren Einheit in versöhnter Verschiedenheit". Sie seien aber "überwindbar und nicht notwendigerweise kirchentrennend".
Die vielfach ökumenisch begangenen Feiern zu 500 Jahren Reformation hätten zu einem "großen wechselseitigen Vertrauenskapital" geführt, sagte der bayerische Landesbischof in seinem Bericht vor der Synode und verwies auch auf seine vier Begegnungen mit Papst Franziskus in den vergangenen zwei Jahren. Nun gelte es "weiter und noch intensiver miteinander zu reden und einander zuzuhören".
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki würdigte in einem Grußwort vor der Synode, dass die EKD im Jubiläumsjahr nicht Spaltung und Zwietracht zelebriert habe, sondern "ein Fest Christi und seiner Gnade". Dazu hätten sich die Katholiken "herzlich gerne" einladen lassen.
In den Bemühungen um ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten richten protestantische Spitzenrepräsentanten den Blick verstärkt auf das Jahr 2030. Anlass sind Äußerungen des für Ökumene zuständigen Kurienkardinals Kurt Koch, der das 500. Jubiläum der Bekenntnisschrift Confessio Augustana für eine entsprechende gemeinsame Erklärung der Konfessionen ins Gespräch gebracht hat.
"Wenn sie in ökumenischen Dimensionen denken, ist das fast schon morgen oder übermorgen", sagte der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad am Samstag am Rande der Tagungen evangelischer Kirchenparlamente. Er warnte davor, nach den "atmosphärischen Zeichen des Vertrauens und der Freundschaft" im Jahr des 500. Reformationsjubiläums auf schnelle Erfolge zu drängen. Schad ist für die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) in leitender Funktion an Ökumene-Gesprächen mit dem Päpstlichen Einheitsrat beteiligt.
Der Ratsvorsitzende Bedford-Strohm äußerte sich in seinem Synodenbericht insbesondere mit Blick auf den 31. Oktober, an dem vielerorts Gottesdienste überfüllt waren, zufrieden mit dem Reformationsjubiläum. Mit viel Kreativität und Leidenschaft seien im Jubiläumsjahr zigtausende Veranstaltungen auf den Weg gebracht worden. "Und alle haben dazu beigetragen, dass die Inhalte des Reformationsjubiläums die Herzen der Menschen erreichten", sagte Bedford-Strohm. Das gelte unabhängig von "Diskussionen um erwartete und tatsächliche Besucherzahlen oder Ticketverkäufe".
Die EKD-Synode will bei ihrer viertägigen Jahrestagung bis Mittwoch Klarheit über die genauen Kosten der Feiern bekommen. Synodenpräses Irmgard Schwaetzer sagte, es gehe nicht nur um die Tätigkeit und Finanzierung des Vereins Reformationsjubiläum, der vor allem für zentrale Aktivitäten in Wittenberg gegründet worden war, sondern um das 500. Reformationsjubiläum insgesamt. Bedford-Strohm hatte kürzlich mitgeteilt, dass die evangelische Kirche ein Defizit erwartet, unter anderem durch zuvor nicht kalkulierbare Kosten für Sicherheitsmaßnahmen und die Weltausstellung Reformation in Wittenberg, deren Besucherzahlen hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.
Mit Blick auf die öffentliche Wahrnehmung der Kirchen in der Flüchtlingspolitik warnte er vor Moralisieren und einer Überforderung der Menschen. Hinweise und Anregungen zu einer offenen Flüchtlingspolitik und zu tatkräftiger Nächstenliebe bei der Integration von Flüchtlingen hätten nicht wenige als unter Druck setzende Durchhalteparolen empfunden.
Die evangelische Kirche hatte bis Ende Oktober 500 Jahre Reformation gefeiert. 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.