Dass in diesem Jahr wegen der kurzen Adventszeit viele Weihnachtsmärkte schon vor Totensonntag öffnen, stößt bei der evangelischen Kirche auf Kritik. Bei einer Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bedauerten die Landeskirchen die Kommerzialisierung des Festes und riefen zugleich zur Einhaltung der "stillen" Zeit auf, die dem Erinnern an Kriege und an die Toten in Familie und Freundeskreis gewidmet sei.
Für den Frühstart habe man kein Verständnis, hieß es aus der rheinischen Landeskirche in Düsseldorf. "Es ist in den Augen der Kirche ein Ärgernis, dass in manchen Kommunen der Bezug zum eigentlichen Anlass zugunsten rein kommerzieller Interessen verloren gegangen ist", sagte ein Sprecher. Den Totensonntag begehen evangelische Christen am 26. November.
Die großen christlichen Feste sollten dann gefeiert werden, wenn sie dran sind, sagte auch ein Sprecher der bayerischen Landeskirche, "also: Advent im Advent, Weihnachten an Weihnachten, Ostern an Ostern". "Der Rhythmus der christlichen Feste prägt uns und bereichert uns seit vielen Generationen. Darum plädieren wir dafür, die Weihnachtsmärkte erst nach dem Totensonntag zu beginnen."
In Berlin starten Kirchen und Handel gemeinsam in den Advent
Während etwa auf St.Pauli und in der Münchner Residenz der Weihnachtsmarkt-Trubel bereits in der Woche vor dem Ewigkeitssonntag beginnt, geht Berlin einen anderen Weg. In der Bundeshauptstadt starten Kirchen und Handel gemeinsam in die Adventszeit: Am 27. November werden die Bischöfe Markus Dröge (evangelisch) und Heiner Koch (katholisch) sowie der Präsident Handelsverbandes Berlin-Brandenburg (HBB), Björn Fromm, in der "Mall of Berlin" symbolisch die Weihnachtsbeleuchtung einschalten. Am gleichen Tag öffnen dort die ersten Weihnachtsmärkte.
Obwohl Berlin als säkulare Stadt gelte, halte man sich an die christliche Tradition und die kaufmännische Sitte, Weihnachtsmärkte nicht vor dem Ewigkeitssonntag zu öffnen, sagte HBB-Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen dem epd. Zudem würden sich auch immer mehr große Kaufhäuser daran beteiligen, "der voradventlichen Beleuchtung zu widerstehen".
In diesem Jahr fallen Heiligabend und der vierte Advent zusammen - das heißt, die Adventszeit beginnt erst am 3. Dezember und ist damit relativ kurz. Daher öffnen einige Weihnachtsmarktbetreiber schon vor dem Totensonntag ihre Pforten. Dazu zählen der Markt der Münchner Residenz, die Lindauer Hafenweihnacht, Märkte in Düsseldorf, Dortmund und Essen, "Santa Pauli" auf dem Hamburger Kiez, beworben als "Hamburgs geilster Weihnachtsmarkt", und der "Wandsbeker Winterzauber", der bereits jetzt mit "urigen Almhütten" aufwartet. Viele Märkte dauern auch bereits bis in neue Jahr hinein.
Der Totensonntag, auch Ewigkeitssonntag genannt, ist der letzte Sonntag vor dem ersten Advent. Evangelische Christen erinnern an diesem Tag an die Gestorbenen. Im Feiertagsgesetz ist er, außer in Hamburg, als sogenannter stiller Feiertag festgelegt. Am Sonntag zuvor wird der Volkstrauertag zum Gedenken an Kriegsopfer und gefallene Soldaten begangen.
In Darmstadt lehnte der Schaustellerverband den Vorschlag der evangelischen Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse ab, den Weihnachtsmarkt nach hinten zu verschieben und bis in den Januar hinein zu öffnen. Weihnachtsartikel fänden nach dem Fest keine Käufer mehr, auch wollten die Schausteller selber Weihnachten mit der Familie verbringen.
Dass es auch mit kürzeren Laufzeiten geht, zeigen etwa Erfurt und Dresden. In der thüringischen Landeshaupt, deren Weihnachtsmarkt mit zwei Millionen Gästen zu den beliebtesten in Deutschland gehört, beginnt der Markt erst am 28. November, auch wenn dann sechs Tage weniger Zeit für Besuche an Glühwein- und Lebkurchenbuden sind. Auch der Dresdner Striezelmarkt beginnt erst in der Woche nach dem Totensonntag.