Dies sehe man schon daran, dass Islamisten in Moscheen beten und nicht in Kirchen oder Synagogen. Deshalb brauche es einen europäischen Islam, der mit den westlichen und humanistischen Werten vereinbar ist, forderte der Autor des Buches "Reform des Islam. 40 Thesen", das in den kommenden Tagen erscheint.
"Oft predigt der Importimam aus der Türkei oder der selbst ernannte arabische Imam vom Inhalt dasselbe wie Salafisten - nämlich einen Islam, der keine Kritik duldet und der Muslime von der 'ungläubigen Umwelt' fernhalten will", kritisierte der Islamwissenschaftler. "In solchen Moscheen findet eine Vorradikalisierung statt, auf die Islamisten aufbauen können", unterstrich der gebürtige Algerier.
Ein europäischer Islam müsse die Vielfalt im Glauben sowie Andersgläubige respektieren, sagte der Leiter des Fachbereichs Islamische Theologie an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg. Auch wenn konservative Muslime dies als Tabubruch empfänden, sei es nötig, manchen Versen im Koran ihre ewige Gültigkeit abzusprechen. Es gebe humanistisch-ethische Aussagen, die ewig gültig sind, aber auch politisch-juristische Aussagen wie Aufrufe zur Gewalt, die nur im Kontext des siebten Jahrhunderts zu verstehen seien und keine zeitlose Bedeutung hätten.
Das Kopftuch, das nicht religiös vorgeschrieben sei, sieht Ourghi als "ein historisches Produkt der männlichen Herrschaft". Wenn eine Frau aus einer freien, persönlichen Entscheidung das Kopftuch trägt, sei das kein Problem, doch die Realität sehe oft anders aus: Viele Frauen trügen das Kopftuch, weil sie von ihren Männern, Familien oder Moscheeverbänden unter Druck gesetzt würden, sagte Ourghi. Er ermutige die muslimischen Frauen, die Freiheit für sich zu beanspruchen und zu leben: "Sie allein müssen den Schritt gehen. Ihre Peiniger werden nicht dafür sorgen, dass sie frei werden."