In bundesweit mehr als 60 Städten haben Menschen am Freitag gestorbener Drogenabhängiger gedacht. "Ich denke an die Verstorbenen, die jeder für sich ein völlig anderes Schicksal verdient gehabt hätten", erklärte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), in Berlin. Sie wünsche allen Angehörigen und Freunden Kraft und neuen Mut. Bei der zentralen Gedenkveranstaltung in Wuppertal forderten Verbände die Entkriminalisierung des Drogenkonsums.
Der Verband der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit sagte bereits im Vorfeld der gedenkveranstaltung: "Auch härteste Strafen halten Menschen nicht vom Drogenkonsum ab." Die Registereinträge und Vorstrafen begleiteten Menschen aber ihr ganzes Leben lang, "Jugendsünden" beeinträchtigten ihre Lebensplanung.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 1.333 rauschgiftbedingte Todesfälle erfasst. Das entspricht einem Anstieg von neun Prozent gegenüber 2015. Angesichts dieser Zahlen forderte die deutsche Aids-Hilfe eine Neuausrichtung der Drogenpolitik. "Seit 2012 ist die Zahl der Todesfälle um mehr als 40 Prozent gestiegen, und die Politik schaut zu", erklärte Vorstandsmitglied Björn Beck in Berlin.
Längst gebe es wissenschaftlich abgesicherte Maßnahmen, die Todesfälle verhinderten und Gesundheitsschäden reduzierten. "Dass sie in Deutschland ungenutzt bleiben, ist nicht hinnehmbar." Auch die Strafverfolgung von Drogenkonsumenten sei kontraproduktiv. Sie führe dazu, dass Menschen schneller abstürzten und für Hilfsangebote schwerer erreichbar seien. "Drogenpolitik muss auf Unterstützung der Menschen statt auf Verfolgung setzen", betonte Beck.
Die Aids-Hilfe kritisierte die Drogenbeauftragte Mortler. Sie habe ihre Möglichkeiten im Bereich der Schadensminderung in dieser Legislaturperiode ungenutzt gelassen. Viele Landesregierungen blieben ebenfalls untätig, hieß es. Seit 1998 wird an jedem 21. Juli aller Menschen gedacht, die an den Folgen von Drogenkonsum gestorben sind.