Einen Tag vor der Bundesratssitzung am Freitag haben Befürworter und Gegner der "Ehe für alle" ihre Positionen bekräftigt. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Die Welt" (Online: Donnerstag/ Print: Freitag), eine Grundgesetzänderung sei nicht notwendig, um die Ehe für homosexuelle Paare zu öffnen. Bayern kündigte an, eine Verfassungsklage prüfen zu wollen. Die katholische Kirche hofft auf ein Verfahren in Karlsruhe.
Maas sieht im Verfassungsgebot zum Schutz der Ehe keinen Widerspruch zur "Ehe für alle". Der Ehebegriff habe sich gewandelt, argumentiert der SPD-Politiker. Die Ehe sei heute die dauerhafte Lebensgemeinschaft zweier Menschen beliebigen Geschlechts. Zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers gehöre auch die Festlegung, wer eine Ehe eingehen könne, solange er den vom Grundgesetz gebotenen Schutzauftrag nicht verletze. "Ein Schutzauftrag ist kein Diskriminierungsgebot", schreibt Maas. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits 2002 festgestellt, dass der Schutz der Ehe nicht verbiete, gleiche Rechte und Pflichten für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften vorzusehen.
Maas hält Grundgesetzänderung nicht für notwendig
Demgegenüber hegt Bayern erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, das der Bundesrat am Freitag aller Voraussicht nach passieren lassen wird. In der Länderkammer gibt es eine Mehrheit für die Öffnung der Ehe. Der Bundestag hatte am vergangenen Freitag auf der Grundlage eines Gesetzentwurfes aus dem Bundesrat die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben beschlossen.
Bayern werde den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag nicht anrufen, erklärte der bayerische Bundesratsminister Marcel Huber (CSU). Das Land werde seine ablehnende Haltung aber in einer Erklärung deutlich machen. Die bayerische Staatsregierung werde zudem prüfen, ob sie eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erhebt, kündigte Huber an. Auch eine Gruppe von Unionsabgeordneten im Bundestag prüft rechtliche Schritte gegen das Gesetz. Eine Klage müsste von einem Viertel der Parlamentarier unterstützt werden.
Die katholische Kirche, die die "Ehe für alle" ablehnt, schaut ebenfalls nach Karlsruhe. Der Münchner Kardinal und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, sagte am Mittwochabend in München: "Ich hoffe, dass diese Debatte nicht zu Ende ist, sondern dass das Thema auch beim Bundesverfassungsgericht weiter erörtert werden kann." Die Ehe sei die Verbindung von Mann und Frau, so Marx: "Wir sind der Auffassung, dass der Staat auch weiterhin die Ehe in dieser Form schützen und fördern muss."
Unterdessen sorgt der CDU-Bundestagsabgeordnete Ulrich Petzold aus Sachsen-Anhalt mit seiner im Bundestag zu Protokoll gegebenen Erklärung zur "Ehe für alle" für Aufsehen. Die in Halle erscheinende "Mitteldeutsche Zeitung" (Donnerstag) zitiert aus Petzolds Erklärung, die Ehe werde von der SPD und der Opposition durch die Öffnung für Homosexuelle "als reine Beistandsgemeinschaft" definiert. Eine Beistandsgemeinschaft bestehe aber auch, "wenn eine Mutter ihr behindertes Kind bis zum Lebensende pflegt", "zwischen einem Blindenhund und dem Hilfsbedürftigen" oder "zwischen einem nach Deutschland eingereisten Muslim mit einer Hauptfrau und mehreren Nebenfrauen".