Das seien bereits fast so viele Kinder gewesen wie im gesamten vergangenen Jahr, sagte Marie-Pierre Poirier, Unicef-Regionaldirektorin für West- und Zentralafrika. Sie sprach vom "schlimmstmöglichen Einsatz von Kindern in einem Konflikt".
Seit 2014 wurden dem Bericht zufolge insgesamt 117 Kinder - die meisten von ihnen Mädchen - in Nigeria, Niger, Kamerun und im Tschad dazu gebracht, sich auf öffentlichen Plätzen in die Luft zu sprengen. "Diese Kinder sind in erster Linie Opfer und keine Täter", betonte Poirier. "Sie durch Zwang oder Täuschung zu solch grausamen Taten zu bringen, ist abscheulich."
Die Entführung von mehr als 200 Schulmädchen aus einem Internat im nigerianischen Chibok vor drei Jahren sei kein Einzelfall gewesen, hieß es in dem Bericht mit dem Titel "Silent Shame" ("Stille Schande"). Vielmehr entführe Boko Haram weiterhin systematisch Kinder, um die Terrorgruppe zu verstärken und für Angst und Schrecken zu sorgen. Tausende Mädchen und Jungen seien in den vergangenen Jahren verschleppt und mit Gewalt, Drohungen oder Versprechungen zu Kämpfern, Helfern oder Sexsklavinnen gemacht worden.
Das Leid der Opfer sei oft auch dann nicht vorbei, wenn sie nach Monaten oder Jahren aus der Gefangenschaft fliehen oder befreit werden, hieß es. Ihr Umfeld sei häufig misstrauisch gegenüber allen, die mit Boko Haram in Verbindung gebracht werden. Aus Angst vor Ausgrenzung behielten viele Opfer deshalb ihre traumatischen Erlebnisse für sich. Im vergangenen Jahr griffen die Behörden in den Ländern der Tschadsee-Region laut Unicef rund 1.500 Minderjährige auf, die mit Boko Haram in Verbindung gestanden haben sollen.
Insgesamt wurden in der Region dem Bericht zufolge 2,3 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, unter ihnen mehr als 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche. Mehr als zehn Millionen Menschen brauchen nach Unicef-Angaben dringend humanitäre Hilfe. Rund eine halbe Million Kinder im Nordosten Nigerias seien infolge des Konflikts vom Hungertod bedroht.