Käßmann: Keiner darf Hass predigen in Deutschland

Käßmann: Keiner darf Hass predigen in Deutschland
Die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat die muslimischen Verbände aufgefordert, gegen Hassprediger vorzugehen. "Keiner darf Hass predigen in Deutschland, das ist ganz klar. Da müssen Muslime selbst einschreiten, wenn ein Imam so was von sich gibt", sagte sie im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. Religionsgemeinschaften müssten sich dagegen verwahren, dass Religion missbraucht werde, um Hass und Konflikte zu schüren.

Zugleich kritisierte Käßmann "furchtbare Hassgeschichten im Internet" nach dem Anschlag von Berlin. Es mache sie beklommen, dass die Menschen nicht mal sagen könnten "Jetzt sind die Opfer dran und da gibt es auch mal Stille", sagte die frühere EKD-Ratsvorsitzende vor dem Hintergrund islamfeindlicher Bekundungen im Netz nach den Attentat auf einen Weihnachtsmarkt, bei dem zwölf Menschen starben.

Zu Beschimpfungen ihrer Person sagte sie: "Ich lasse mich gerne als Gutmensch beschimpfen, jedenfalls besser als ein Schlechtmensch zu sein." Der Kirchenreformator Martin Luther habe zu einem freien Glauben ermutigt, der Fragen stellen dürfe, sagte die Reformationsbotschafterin: "Das ist eine Ansage gegen jeden Fundamentalismus." Politiker könnten von Luther lernen, nach ihrem Gewissen zu handeln. 

Auf die Frage, wo sie selbst widerständig sei, antwortete die frühere hannoverische Bischöfin: "Für mich ist im Moment die Auseinandersetzung mit der Ablehnung aller Fremden die heftigste, die ich persönlich empfinde." Christentum mache sich nicht an nationalen Grenzen oder an "rassischen Merkmalen" fest, betonte Käßmann. Eine christliche Einstellung sei auch nicht mit den Positionen der AfD vereinbar: "Dass jemand eine christliche Haltung mit der AfD in Einklang bringen kann, das sehe ich nicht." 


Im Wahljahr 2017 geht es laut Käßmann darum, die Freiheit zu verteidigen, vor allem die Rede- und Meinungsfreiheit. "Also die Freiheit, meine Meinung zu sagen ohne Angst davor, dass ich beschimpft werde. Wenn ein Bürgermeister zurücktritt, weil seine Familie Morddrohungen erhält, dann ist die Kultur der Freiheit im Diskurs verloren gegangen", sagte Käßmann. 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bescheinigte die Theologin im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise 2015 eine lutherische Haltung des 
 "Hier stehe ich, ich kann nicht anders". Dieses Zitat wird Martin Luther zugeschrieben. Auf die Frage, ob auch Merkel das verkörpere, sagte Käßmann: "Für mich persönlich hat sie das verkörpert in der Flüchtlingspolitik im Herbst 2015. Im Moment habe ich den Eindruck, der Kurs ändert sich wieder unter dem Druck der öffentlichen Meinung, die meint, das sei nicht zu schaffen." Sie bedaure das.

Margot Käßmann war von 1999 bis 2010 Landesbischöfin von Hannover und von 2009 bis 2010 EKD-Ratsvorsitzende. Seit April 2012 ist die 58-Jährige Botschafterin für das 500. Reformationsjubiläum 2017 im Auftrag des Rates der EKD.